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Buchbesprechung

„Liebst du um Schönheit“


Thomas Hampson


Thomas Hampson, geboren 1955 in Spokane (Washington), war unter anderem Schüler von Sister Marietta Coyle, Horst Günter und Elisabeth Schwarzkopf. Er zählt zu den berühmtesten Opern- und Konzertsängern und gilt zugleich als bedeutender Gesangslehrer und Förderer der Kunstgattung Lied.


Kaufinformationen

Thomas Hampson: „Liebst du um Schönheit“ - Gespräche mit Clemens Prokop

Bärenreiter Henschel

ISBN 978-3-89487-912-9

Hardcover, 192 Seiten, 25 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor


 

 

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Schöner als ein Bilderbuch

Dabei lehre ich wirklich gern, und ich freue mich immer, wenn ich zu Workshops eingeladen werde. Bei den Salzburger Festspielen war ich einen Tag beim ‚Young Singers Project‘: Das war eine wunderbare Erfahrung.“ Von dieser wunderbaren Erfahrung hätte Thomas Hampson in einem Interview berichten und damit das Young Singers Project ein wenig bekannter machen sollen. Weil aber ein solches Interview nicht in seinem Vertrag stand, fand es nicht statt. Nun dauert so ein Interview in der Regel nicht länger als ein paar Minuten, aber wenn man genügend davon ablehnt, kommt offenbar ausreichend Zeit zusammen, ein Buch erstellen zu lassen. Sein „Erstlingswerk“ hat der Bariton jetzt bei Henschel Bärenreiter vorgelegt. Liebst Du um Schönheit hat er es genannt, nach einem Liebeslied Gustav Mahlers mit dem gleichnamigen Titel. „Man kann durchaus behaupten, dass es das persönlichste Liebeslied, wenn nicht gar das einzige ist, das er jemals geschrieben hat“, erläutert Hampson seine Wahl und impliziert damit schon im Vorwort, dass der Leser hier zutiefst Persönliches erfahren darf. Ganz so dramatisch wird es in dem rund 190 Seiten starken Buch dann doch nicht.

Noch langweiliger als eine von einem Ghostwriter erstellte chronologische Biographie ist vermutlich nur das gelenkte und gefeilte, verschriftlichte Interview. Nach einer „biographischen Skizze“ im ersten Kapitel bietet Hampson genau das an und nennt es „Gespräche mit Clemens Prokop“. Da dreht es sich dann in den einzelnen Kapiteln um frühe Erkenntnisse und wichtige Wegbegleiter, den Bühnenalltag in Salzburg, seine Vorliebe für Mahler, eine Werbebotschaft für I hear America singing und seine Lehrtätigkeit. Dass daraus dennoch interessanter Lesestoff entsteht, liegt wohl in erster Linie an den persönlichen Zwischenbemerkungen des Publizisten Prokop, die atmosphärische Eindrücke und Stimmungen vermitteln. „Im schönsten Falsett kommt die Antwort aus der Zauberflöte: ‚O zittre nicht!‘ Thomas Hampson wäre eine tolle Königin der Nacht“, kommentiert der ansonsten eher zurückhaltende Prokop gewagt. Ansonsten gibt es durchweg geschliffene Sätze des Meisters wie „Applaus ist wichtig, aber die Begeisterung des Publikums, die selbstverständlich schön ist, darf nicht mit einer künstlerischen Wahrheit gleichgestellt werden oder zur Kategorie für die Ausrichtung der künstlerischen Arbeit werden“. Oder, um noch eins drauf zu setzen: „Ursprung allen Musizierens muss Demut sein. Denn: Ich habe diese Musik nicht erdacht, ich habe sie nicht aufgeschrieben“. Sattsam bekannte Sätze, die man aber vielleicht auch nicht oft genug hören kann, um die Welt des Sängers zu verstehen.

Sehr gut gefällt die Ausstattung des gebundenen Buchs. Neben zwei großen, vierfarbigen Bilderstrecken gibt es zahlreiche Schwarzweißfotos, die die beschriebenen Situationen verdeutlichen. Im Anhang runden Vita, Rollenverzeichnis, Auswahldiskografie, Bild- und Personennachweis die Biographie ab. So ist ein professionelles Werk entstanden, wie es ja heute durchaus nicht mehr selbstverständlich ist. Für Thomas-Hampson-Fans und solche, die es werden wollen, ohnehin ein Muss, werden hier vor allem angehende Sängerinnen und Sänger wertvolle Hinweise finden. Gestandene Personen dieser Berufsgruppe werden es lesen und sich im Vergleich der eigenen Erfahrungen in der Erinnerung durchaus – lächelnd – wiederfinden.

Michael S. Zerban, 10.7.2014