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Buchbesprechung

Viel Lobgesang, wenig Inhalt


Herausgeber



Peter W. Marx, geboren 1973 in Limburg an der Lahn, ist ein deutscher Theaterwissenschaftler und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medienkultur und Theater sowie der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln. Bekannt ist Marx vor allem für seine kulturwissenschaftlich geprägte theaterhistoriographische Forschung zur metropolitanen Kultur am Beginn des 20. Jahrhunderts und zu Max Reinhardt sowie für seine Forschung zu Shakespeare in Performance, vor allem zu Hamlet als Figur kultureller Mobilität.


Kaufinformationen

Peter W. Marx (Hg.):
Michael Hampe - Über Theater -
Reden und Schriften

Wienand

ISBN 978-3-86832-259-0

Hardcover, 255 Seiten, 20 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor



 

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Misslungene Laudatio

Ein Mensch, der sich zeitlebens um das Theater, insbesondere das Musiktheater bemüht hat, verdient sicher eine besondere Würdigung, wenn er 80 Jahre alt wird. Eine simple, womöglich noch chronologische Biografie wäre da nicht nur unzeitgemäß, sondern auch unangebracht. Und es ist ausgesprochen begrüßenswert, dass neue Wege gesucht werden, wie man ein solches Lebenswerk angemessen würdigt.

Neben internationalen Erfolgen war Michael Hampe 20 Jahre lang Intendant der Kölner Oper. Die vielleicht wichtigste Zeit seines Lebens und – wie man rückblickend weiß – eine wichtige Zeit für die Stadt Köln. In dieser Ära polarisierte er die Menschen. Bis heute hat der frühere Intendant und – bis heute aktive – Regisseur glühende Verehrer. Aber auch mindestens so entschiedene Kritiker. Dürfen auch die in einer „Festschrift“ zu Wort kommen? Womöglich wäre das ehrlicher und damit überzeugender. Aber ganz so weit reicht die Liebe zur Weiterentwicklung dann wohl doch nicht.

Bei Wienand hat Peter W. Marx das Buch Michael Hampe – Über Theater – Reden und Schriften herausgegeben, ein solide gebundenes, rund 250 Seiten umfassendes Werk, das allein durch die Verwendung hochwertigen Papiers ein gewisses Schwergewicht erreicht. Marx beleuchtet das Leben und Werk Hampes, indem er ein Sammelsurium zusammenstellt. Hampe äußert sich zur Opernpraxis und zu Produktionen. Er spricht über Zeitgenossen in Lobgesängen und vergisst regelmäßig nicht, um es positiv zu formulieren, sein persönliches Verhältnis zu den genannten Personen darzustellen. Er berichtet über „Magische Theaterorte“, bevor Angelus Sept das bereits Gesagte wiederholt. Eine nichtssagende Fotogalerie in schwarz-weiß sowie verschiedene Listen wie ein Inszenierungsverzeichnis beschließen das Buch.

Dass sich in den acht Jahrzehnten eines beruflich erfolgreichen Menschen eine gewisse Egozentrik einstellt, ist nachvollziehbar und geht in Ordnung. Wenn aber dieser Mensch vergleichsweise wenig zu sagen hat, wirkt die ständige Wiederholung eher entlarvend. Hampe hat sich in seiner Philosophie auf wenige Beispiele konzentriert. Und so bekommt der Leser in Philosophie, Laudatio und Werkwürdigung immer wieder dieselben Zitate vorgeführt. Das spricht wenig für Weltoffenheit, Universalbildung oder Weisheit.

Wenn Hampe für Kooperationen wirbt, wird es kritisch. Diese allzu plakative Idee, mit möglichst vielen Kooperationen Geld zu sparen, ist gleichbedeutend mit vorauseilendem Gehorsam. Und letztlich nichts anderes als eine Verarmung der Kultur auf dem kleinen Dienstweg. Wo früher fünf Opernhäuser eigene Produktionen vorgestellt haben, wird heute an vier Orten nicht weiter gedacht. Und das verhält sich ebenso mit seiner Idee, Aufführungen nur noch sehr begrenzt aufzuführen und sie stattdessen aufzuzeichnen, um sie dann an möglichst vielen Stätten zu zeigen. So funktioniert es nicht, schon allein deshalb, weil eine Aufzeichnung nichts mit einer Live-Aufführung zu tun hat.

Und so torpediert sich Hampe mit vielleicht gut gemeinten Ideen ins Aus. Das ist schade, denn ohne Zweifel gehört Hampe zu den Großen der jüngsten Vergangenheit. Das Buch allerdings braucht keiner.

Michael S. Zerban, 19.7.2015