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Buchbesprechung

Louise Dumont - Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten


Winrich Meiszies



Nach dem Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft, Germanistik, Pädagogik, und Philosophie begann der promovierte Philologe 1980 seine Arbeit am Theatermuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf, dessen Direktor er seit 2000 ist. Publikationen zum Theater im 18. und frühen 20. Jahrhundert, Theater im Exil, zur Theorie und Praxis von Theatermuseen, Ausstellungen seit 1991.


Kaufinformationen

Gertrude Cepl-Kaufmann, Michael Matzigkeit, Winrich Meiszies (Hrsg.): Louise Dumont - Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten

Klartext

ISBN 978-3-8375-1111-6

Gebunden, 604 Seiten, 30 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor


 

 

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Nichts Neues am Hofgarten

Was ist Wissenschaft? Die Kunst, Probleme zu formulieren, Phänomene zu beschreiben und im besten Fall Lösungen zu präsentieren, die Eingang in die Lehre finden. Das kann faszinierend sein. In der Regel ist es zunächst einmal Fleißarbeit. So wie in dem Forschungsprojekt, das Gertrude Cepl-Kaufmann von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf sowie Michael Matzigkeit und Winfried Meiszies vom Theatermuseum am Ort aufgelegt haben.

Es geht um Louise Dumont, Schauspielerin und Intendantin. 1862 in Köln als Tochter eines Kaufmanns geboren, wurde sie eine erfolgreiche Schauspielerin mit Engagements unter anderem in Stuttgart und Berlin, ehe sie zusammen mit Gustav Lindemann, ihrem späteren Ehemann, das Theater in Düsseldorf gründete. 1932 starb die Dumont in Düsseldorf. Zu den Schülern ihrer Akademie zählten unter anderem Gustaf Gründgens und Paul Henckels.

Bei dem Forschungsprojekt herausgekommen ist ein zweibändiges Werk, von dem allein der erste Band 600 Seiten umfasst. Cepl-Kaufmann et al. nennen es eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten. Eingeleitet wird diese Kulturgeschichte nicht etwa vom Dekan der Universität, oder wenigstens vom Oberbürgermeister, sondern vom Kulturdezernenten der Stadt Düsseldorf, Hans Georg Lohe, der die wahre Bedeutung der Arbeit enthüllt: „Die Einbindung des Bestandes einer städtischen Kultureinrichtung in die universitäre Forschung, aber auch in die Lehre gibt ein sichtbares Beispiel für die Zusammenarbeit von Stadt und Universität.“ Erst dann kommt auch Bruno Bleckmann, Dekan der Philosophischen Universität der Heinrich-Heine-Universität, zum Grußwort. Da gewinnt der Begriff der Kulturgeschichte gleich auf den ersten Seiten eine neue Bedeutung.

Auch sonst bietet das Buch Neuigkeiten. Genannt werden nämlich schon auf dem Einband die Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Jasmin Grande, Nina Heidrich und Karoline Riener. Das ist löblich. Damit hat es sich dann aber mit den Neuheiten auch schon.

Die Bemühungen wissenschaftlichen Arbeitens sind so intensiv, dass sie in der Tradition fest verhaften. Und so wird die Lektüre des Schmökers eher zäh. Eine Ansammlung von Briefen mit Korrekturzeichen zeigt eine zickige, intrigante Schauspielerin und ihre Arbeitgeber, die trotz aller Unverschämtheiten bemüht sind, Contenance zu zeigen. Dazwischen Briefe von Verehrern und Freundinnen. Wir kennen die Leute nicht. Mit Verweisen wird kommentiert. Also blättert der Leser von Seite 342 auf Seite 475, um dort zu lesen: Dir. Lindemann, i.e. Gustav Lindemann. Also weiter auf Seite 516, um dort in den Kurzbiographien Stichworte über Gustav Lindemann zu lesen. Wieder zurück zum Brief. Da wird es mit einem Kapitelband knapp.

Je mehr man sich in die Briefe einliest, desto eher fragt man sich, ob man das alles wirklich wissen will. Zumal es sich in der Mehrzahl der Briefe gar nicht um Schreiben der Dumont handelt. Schlussendlich gehen die Öffentlichkeit solche Intimitäten oder gar Banalitäten vielleicht gar nichts an. Es sei denn, es erfolgte eine Einordnung und Wertung solcher Dokumente. Das findet hier nicht statt.

Zwar finden sich immer wieder Sätze wie: „Die notwendige Aktualisierung, ja, Entstaubung und der Perspektivwechsel, der hiermit gegenüber den vorhandenen Arbeiten vorgenommen wird, gehört neben der Erarbeitung des biographischen und kulturgeschichtlichen Hintergrunds zum Ertrag dieser Edition“. Schön, aber wo finden sich Aktualisierung, Entstaubung und Perspektivwechsel? Auf den letzten 20 Seiten immerhin wird der Versuch einer historischen Einordnung vorgenommen.

Vor lauter Dankbarkeit gegenüber den Sponsoren, die im Fließtext der Arbeit noch einmal in aller Ausführlichkeit erwähnt werden, wird es mit den Details dann nicht mehr so genau genommen: „Das Theatermuseum steht in Düsseldorf zwar ganz zentral, ist aber dennoch schwer zu sehen, weil man sich zunächst mangels Parkplätzen zu Fuß durch einen kleinen Park an großen Bäumen vorbei arbeiten muss, um den Eingang zu erreichen“. Es soll hier nicht gemutmaßt werden, ob es angehenden Buchautoren zumutbar ist, zu Fuß zum Ort der Erkenntnis zu gelangen. Wenigstens führt der Weg zum Haupteingang des Theatermuseums aber durch den Hofgarten, eine der schönsten und größten Parkanlagen der Landeshauptstadt. Manchmal sind Perspektivwechsel in der Tat hilfreich. In Louise Dumont – Eine Kulturgeschichte in Briefen und Dokumenten gelingen sie nicht. Bei all der Fleißarbeit ist das schade.

Michael S. Zerban, 15.1.2014