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Im Klischee gebadet
Betrachtet man die Vielzahl bereits existierender Salzburg-Krimis, scheint es sich bei der Mozartstadt nicht eben um ein friedfertiges Pflaster zu handeln. Auch Tatjana Kruse, vielbeachtete Kriminalschriftstellerin aus Schwäbisch Hall, hat die Handlung ihres rund 250 Seiten umfassenden Taschenbuchs Bei Zugabe Mord! in der Landeshauptstadt angesiedelt. Während die Festspiele die Touristen scharenweise in die Stadt locken, werden die Solisten einer geplanten Aufführung der Entführung aus dem Serail gemeuchelt.
Bevor man dieses Buch für die eigene Zugreise nach Salzburg einpackt, sollte man wissen, auf was man sich einlässt. Die flapsige Ausdrucksweise mag einer falsch verstandenen Modernität ebenso geschuldet sein wie die häufige Nennung irgendwelcher Produktnamen. Letzteres war schon in American Psycho langweilig. Dort bestand aber wenigstens noch der Sinn in einer neuen Ästhetisierung, der bei Kruse völlig abgeht. Holzschnittartig gezeichnete Figuren werden schnell langweilig. Die kleinwüchsige Assistentin kennt jeder Tatort-Münster-Zuschauer, und das Bild, das die Autorin von der Diva malt, ist nicht nur weltfremd, sondern so klischeebeladen, dass es jeglichen – gewollten – Humors entbehrt. Die Marotten des italienischen Regisseurs sind so abgenudelt wie der Typ des tuntigen Bühnenbildners. Dass der Kommissar nicht nur unfähig, sondern auch lonesome rider ist, um im letzten Moment dann doch zur Stelle zu sein, versteht sich da von selbst. Sexuelle Anzüglichkeiten – „Auch Hartgummi kann hilfreich sein! Wer wüsste das besser als eine Single-Frau?“ – im Übermaß beflügeln kaum das Lesevergnügen.
Der erfahrene Krimi-Leser wird früh erkennen, wer der Täter ist. Wie immer derjenige, der am seltensten in Erscheinung tritt und am Ende aus dem Hut gezaubert wird. Und da spielt die Logik insgesamt dann auch keine große Rolle mehr.
Als Reiseführer mit Insider-Tipps taugt das Buch ebenfalls nicht, wie im Vorspann zu lesen ist: „Bei genauerer Überlegung ist auch ihr Salzburg nicht real, sondern eher so, wie sie als musik- und krimiliebende Autorin es gern hätte …“ Die grausamste Entdeckung dieses Buches allerdings wartet auf der letzten Seite. „Pauline Miller ermittelt weiter!“ heißt es da über die Diva. Im kommenden und übernächsten Jahr sollen jeweils ein Buch über Bregenz und Bayreuth folgen.
Michael S. Zerban, 16.8.2015
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