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Buchbesprechung

Pina Bausch - Bilder eines Lebens


Autorin



Anne Linsel war von 1984 bis 1989 Moderatorin des ZDF-Kulturmagazins Aspekte und von 1989 bis 2004 Gastgeberin der ZDF-Reihe Zeugen des Jahrhunderts. Sie ist eine langjährige Wegbegleiterin von Pina Bausch, Autorin mehrerer Bücher und hat sich in ihrer Arbeit immer wieder intensiv mit der Choreographin auseinandergesetzt, unter anderem im Rahmen des Films Tanzträume - Jugendliche tanzen KONTAKTHOF von Pina Bausch.


Kaufinformationen

Anne Linsel: Pina Bausch - Bilder eines Lebens.

Edel:Books

ISBN 978-3-84190-182-8

Paperback, 184 Seiten, 30 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor


 

 

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Nachruf auf eine Legende

Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern, was sie bewegt.“ Dieses vielleicht berühmteste Zitat der Tänzerin und Choreografin Pina Bausch darf natürlich auch in der Biografie von Anne Linsel, Pina Bausch – Bilder eines Lebens, nicht fehlen, die in diesen Tagen bei Edel erscheint. Für das Vorwort konnte Linsel Pedro Almodóvar gewinnen: „Von der ersten Umarmung an verband mich mit Pina Bausch eine innige Beziehung. Pina Bausch war mir eine konstante Quelle der Freude, die in mir die unterschiedlichsten Gefühle hervorrief und mich bis heute inspiriert.“ So erging es wohl vielen im Umfeld von Pina Bausch. Auf rund 80 großzügig gestalteten Seiten mit einigem Bildmaterial hat die Autorin das Leben der außergewöhnlichen Tänzerin nachgezeichnet. Schule, Ausbildung, Essen, New York, schließlich Wuppertal und einige Personen, die die Arbeit der Bausch mitgeprägt haben: Der tiefere Zugang bleibt aus. Das Buch ist mehr Nacherzählung eines Lebens, statt Auseinandersetzung, mehr Nachruf als Biographie. Obwohl – oder vielleicht gerade deshalb – Anne Linsel nach eigenen Angaben eine Freundin von Pina Bausch war, klingen die Zitate eher wie nachträglich gesammelt als aus persönlichen Erinnerungen zusammengetragen.

„Ich denke jedes Mal, wenn ich ein Stück mache, ich möchte nie wieder eines machen. Wirklich schon seit vielen Jahren. Warum mache ich das nur? Es ist eigentlich ziemlich grausam. Und wenn es dann raus ist, bin ich schon wieder bei den nächsten Plänen.“ Solche und ähnliche Sätze scheinen kokett und gestanzt. Auch als es um den Tod ihres Lebensgefährten geht, bleibt neben der Erkenntnis Bauschs weiterzumachen, um die Trauer zu überwinden, ein gedrechselter Kommentar: „Am Ende wurde es für Rolf Borzik immer wichtiger, etwas richtig zu machen und nicht bloß irgendwas zu machen. Wenn jemand ernsthaft krank ist, geht es nicht mehr um Spielchen.“ Borzik starb mit 35 Jahren.

Pina Bausch stürzt sich danach in die Arbeit, entwickelt eine neue Kunstgattung, indem sie erstmals Gesang, Pantomime, Artistik, Schauspiel und Tanz miteinander verbindet. „Es geht um das Leben und darum, für das Leben eine Sprache zu finden“, sagt Pina. Aber das wissen die echten Bausch-Fans längst. Und so wird die Biographie für solche Menschen kaum Neues finden. Für diejenigen, die Pina Bausch nurmehr vom Hörensagen kennen, bietet das Werk sicher einen schnellen Zugang und einen guten Überblick über das Schaffen einer außergewöhnlichen Künstlerin. Ihre Sprache, sagt Linsel, wurde überall in der Welt verstanden und geliebt – ihr Werk sei: ein Welttheater.

Dem Buch von Linsel gelingt es nicht, die Faszination zu vermitteln, die Pina Bausch auf so natürliche Weise ausstrahlte. Aber es ist sicher ein Beginn, sich mit Arbeit und Person der Choreografin, die Wuppertal so sehr verhaftet war, aufzuarbeiten. Am 27.7.1940 wurde Pina Bausch in Solingen geboren, am 30.6.2009 starb sie in Wuppertal. Auf der Weltkarte ist die Entfernung nicht mehr als ein Fliegenschiss. Dazwischen hat sie eine neue Welt geschaffen. Nein, ein Universum. Und dem wird das Buch leider wirklich nicht gerecht.

Michael S. Zerban, 16.6.2013