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Buch

Ein großer Dirigent

Im Jahr 2013 veranstaltete das Land Berlin ein Themenjahr unter dem Titel Zerstörte Vielfalt. Berlin 1933 -1938-1945. Eine Stadt erinnert sich. Dazu gehörte eine Open-Air-Ausstellung mit Porträts von mehr als 200 jüdischen Künstlern, die durch die Nationalsozialisten ausgegrenzt, verfolgt oder ermordet wurden. Unter ihnen befand sich auch das Bild des Dirigenten und Komponisten Leo Blech, Jahrgang 1871, der seit seiner Ernennung zum Generalmusikdirektor der Staatsoper 1913 im Berliner Musikleben eine führende Rolle spielte. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde er 1937 zwangspensioniert, emigrierte daraufhin erst nach Lettland, später nach Stockholm und kehrte 1949 in gleicher Position wie vor dem Krieg an die Berliner Staatsoper zurück, wo er bis zu seinem Tod 1958 wirkte. Wegen seiner künstlerischen Verdienste würdigte ihn die Stadt mit einem Ehrengrab.

Diese Ruhestätte wurde – so beschloss es der Berliner Senat im Jahr der Ausstellung – trotz mannigfaltiger Proteste eingeebnet und der Grabstein abgesägt. Als Gegenreaktion auf die kaum nachzuvollziehende behördliche Maßnahme taten sich einige Musikwissenschaftler und -publizisten zusammen und brachten das kleine, sehr empfehlenswerte Buch Leo Blech heraus.Eserscheint in der Reihe Jüdische Miniaturen des Verlags Hentrich & Hentrich.

Nur fünf Kapitel auf knapp 100 Seiten umfasst das handliche Büchlein und dennoch kann man sich ein gründliches Bild von dem Musiker machen. Von Blechs Leben, seinem kompositorischen Oeuvre und seiner Dirigentenkarriere unter Miteinbeziehung des historischen Kontexts berichtet der Musikwissenschaftler Peter Sühring; von seiner Zeit in Stockholm, wo Blech während des Exils engagiert war, der schwedische Opernkritiker Henry Larsson. Peter Sommeregger beschäftigt sich mit dem diskographischen Nachlass Blechs und seiner Wirkung auf künstlerische Weggenossen und Sänger, die mit ihm arbeiteten. Und nicht zuletzt kommt Blech selbst zu Wort: durch Zitate aus Interviews und Briefen, zusammengestellt von Rüdiger Albrecht.

POINTS OF HONOR
Buchidee
Stil
Erkenntnis
Preis/Leistung
Verarbeitung
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Die einzelnen Abschnitte sind lebendig, anschaulich und kenntnisreich geschrieben und mit schönen Fotos und Abbildungen versehen. Der Grabstein Blechs ist übrigens mittlerweile wieder aufgestellt worden, allerdings an anderer Stelle. Das Grab selbst aber existiert nicht mehr.

Karin Coper