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Alle Fotos © Karl-Bernd Karwasz

Aktuelle Aufführungen

Erste Bühnenerfahrung im Staatstheater

DIE IRRUNGEN DER LIEBE
(Alessandro Scarlatti)

Besuch am
1. November 2015
(Premiere)

 

 

Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Frühe Erfolge bestimmen nicht selten den Karriereverlauf. Alessandro Scarlatti beispielsweise war gerade 19 Jahre jung, als er mit seiner ersten Oper Die Irrungen der Liebe die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Quasi als Belohnung wurde er kurz darauf Kapellmeister der in Rom Hof haltenden Königin von Schweden. Nicht viel älter sind die Gesangsstudierenden, die derzeit Scarlattis Erstlingsoper am Staatstheater Wiesbaden zu Gehör bringen. Damit begründet das Haus eine Kooperation mit dem Exzellenz-Programm BarockVokal der Hochschule für Musik in Mainz. Auf diese Idee kam Claudia Eder. Sie ist Sängerin und Professorin für Gesang und davon überzeugt, dass Gesangsstudierende generell Feinschliff in Stimme und Ausdruck sowie Bühnenerfahrung erhalten sollten. Da ihrer Auffassung nach die Barockoper im Trend liegt, setzt sie hier den Schwerpunkt. Die ausgewählten Studierenden enttäuschten sie zum Auftakt nicht. In Scarlattis Die Irrungen der Liebe überzeugen Ruth Katharina Peeck, Saem You, Nikolaus Pfannkuch und Jonas Boy durch Bühnenpräsenz, Spielfreude und beachtliche Stimmleistungen.

Stürmisch unschuldige Liebesleidenschaft dominiert die Komödie. Die Nymphe Clori liebt den Schäfer Eurillio, Cloris Schwester Lisetta ist ebenso in ihn verliebt. Als Eurillios Zwillingsbruder Armindo überraschend auftaucht, lassen sich beide von der Ähnlichkeit täuschen. Durch einen Zufall erfährt Eurillio, dass er einen Zwillingsbruder hat. Das Psychodrama der Verliebten, das Scarlatti in feinfühlige Musiksprache kleidete, kehrt sich zu einem guten Ende.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Klappstühle, Licht, mit Rosenornament verzierte Kleider, die Herren in Gigolo-Nadelstreifen, alles auf einem schmalen Bühnenraum mit dem Barock-Kammerorchester im Bühnenhintergrund genügen, um diese Geschichte kurzweilig zu erzählen. Regisseur Peer Boysen nutzt zudem Körpersprache und Szenenbilder, um auch ohne Wand und Vorhang zu zeigen, wer mit wem warum gerade seine Herzensschmerzen durchleidet.

Foto © Karl-Bernd Karwasz

Jugendlich frisch mit allen Höhen und Tiefen der Verliebten, die allzu schnell dem launigen Misstrauen erliegen, verkörpern die Darsteller ihre Rolle. Nikolaus Pfannkuch verleiht der Figur des Eurillio mit einem in der Mittellage schlanken Tenor den Charakter des dünnhäutigen Liebhabers, während Jonas Boy seine Partie weniger leidenschaftlich, dafür stimmlich weich und rund meistert. Ruth Katharina Peeck kennzeichnet Clori als leicht reizbares Mädchen. Ihre laut Sujet jüngere Schwester Lisetta wirkt mit Saem You in dieser Partie reifer. Das liegt an ihrer die Lagen mühelos durchgleitenden strahlenden Stimme.

Nahezu unmerklich und scheinbar unaufgeregt agiert die kleine Kammerbesetzung mit durchweg historischen Instrumenten. Dirigent Christian Rohrbach versteht es, den Nuancenreichtum von Scarlattis psychologisierenden Weisen überaus sensibel und dezent zum Klingen zu bringen und alle Beteiligten sicher zu leiten. So gelingt gleich mit dem Auftakt ein großartiger Erfolg.

Christiane Franke