Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Foto © Monika Forster

Aktuelle Aufführungen

Stumpfes Gold

DIE LIEBE DER DANAE
(Richard Strauss)

Besuch am
12. August 2016
(Premiere am 31. Juli 2016)

 

Salzburger Festspiele,
Großes Festspielhaus

Das ist das Ende der abendländischen Kultur. Wir leben in einer schweren Zeit, aber vielleicht sehen wir uns in einer besseren Welt wieder“: Diese berühmten Worte sagte der greise Richard Strauss mit tränenerstickter Stimme am Ende der 1944 stattgefundenen, öffentlichen Generalprobe seiner vorletzten Oper Die Liebe der Danae. Eine Premiere war wegen des ausgerufenen „totalen Krieges“ und des Attentatversuchs auf Adolf Hitler nicht mehr möglich. Und so fand die eigentliche Uraufführung, ein Kuriosum der Operngeschichte, erst acht Jahre nach der Generalprobe, nämlich 1952 und drei Jahre nach dem Tod von Strauss statt.

In einer Zeit, wo die alte Welt ringsherum zusammenkrachte, schrieb Strauss ein völlig unpolitisches Werk, dessen etwas holpriger Text von Joseph Gregor – nach Skizzen des bereits verstorbenen Hugo von Hofmannsthal – stammt und in dem zwei Mythen miteinander verschmolzen wurden: Die Verführung Danaes durch Jupiter, der sich als Goldregen tarnt, und die Legende von Midas, dem alles, was er berührte, zu Gold wurde. Das Werk spielt mit der Metapher von Gold, Geld und Reichtum, preist aber letztlich die entsagende Liebe. Eine auch auf Grund des seltsamen Librettos große Herausforderung für jeden Regisseur.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Nach einer Inszenierung im Jahre 2002 wurde diese Oper nunmehr wieder bei den Salzburger Festspielen angesetzt. Wie Alvis Hermanis, der auch für die Bühne verantwortlich zeichnet, schon im Vorfeld mitteilte, wollte er lediglich ein schönes Märchen erzählen. Herausgekommen ist ein kaum je dagewesenes, opulentes, unfassbar buntes Ausstattungsspektakel ohne jegliche Deutung oder Aktualisierung. Auf die Komplexität des Stückes wird gar keine Stellung bezogen. Neben farbenfrohen Gewändern, die Kostüme stammen von Juozas Statkevicius, und Unmengen von überdimensionalen Turban-Trägern gibt es einen echten, süßen, kleinen Esel, einen unechten, riesigen, weißen Elefanten, auf dem Jupiter, standesgemäß mit goldenem Riesenturban bei seinem ersten Auftritt einreitet. Gespielt wird vor einer weiß gekachelten Kulisse mit Podien, die immer wieder mit projizierten Ornamenten und echten Teppichen verziert wird. Es ist eine wilde Mischung aus Kitsch und Orientalik. Obwohl viel Ballett in goldenen, hautengen Kostümen die Szenerie immer wieder aufmischt, ist von einer eigentlichen Personenführung wenig zu merken. So begleitet die Titelheldin etwa ihren Gesang meist mit tänzerischen Posen und Verzierungen mit den Armen.

Foto © Monika Forster

Diese unglaublich schwierige Partie füllt Krassimira Stoyanova mit ihrem prächtigen Sopran berauschend und leuchtend aus. Wortdeutlich, innig und mit vielen Schattierungen hört man die Danae den gesamten Abend.  Tapfer, lautstark stemmt Gerhard Siegel alle Höhen der fast unsingbaren Tenorpartie des Midas. Ausgezeichnet ist auch der Merkur des Norbert Ernst und der kräftig timbrierte Pollux von Wolfgang Alblinger Sperrhacke. Die vier von Jupiter schon früher verführten Damen – Maria Celeng, Olga Bezsmertna, Michaela Selinger und Jennifer Johnston – singen makellos und bringen einen heiteren Zug in die Inszenierung. Neben Stoyanova ist Tomasz Konieczny das zweite Ereignis des Abends. In sängerischer und darstellerischer Hinsicht ist er ein grandios bühnenpräsenter Jupiter, eine Rolle, die wegen des weiten Stimmumfangs ebenfalls als unsingbar gilt.  In der originalen Tonlage, also in sehr hohem Register ist er der Gott und singt ihn mit seinem edlen, wohlklingenden Timbre und großer Strahlkraft.

Die unendlichen Melodien und die große Raffinesse der schwelgerischen Klangsprache, die seinem Alterswerk immanent sind, lassen die Wiener Philharmoniker, die mit großer „Straussscher Kompetenz“ ausgestattet sind, unter einem souveränen Franz Welser Möst in recht zügigen Tempi erklingen und dabei viel luxuriösen Gold- und Silberklangstaub rieseln. Es lassen sich, abgesehen von einigen Dezibel-Gewittern, die die Sänger aber nie zudecken, viele Details, herrliche Leuchtkraft, viel Transparenz, eine ausgewogene Dynamik sowie ein großer Farbenreichtum genießen.

Das Publikum ist restlos begeistert und jubelt im Großen Festspielhaus heftig.

Helmut Christian Mayer