Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Foto © Pedro Malinowski

Aktuelle Aufführungen

Musikalische Fiesta

¡VIVA ESPAÑA!
(Neue Philharmonie Westfalen)

Besuch am
29. Mai 2016
(Konzert)

 

Ruhrfestspiele Recklinghausen,
Großes Haus

Die Veranstalter der Ruhrfestspiele entschlossen sich 2015, dem Festival 2016 den Titel „Mare Nostrum“, Theater und Musik rund ums Mittelmeer, zu geben. Zur Vorsicht setzten sie ein Fragezeichen dahinter. Sie konnten nicht ahnen, dass ein halbes Jahr später, noch vor Ende der Marineoperation „Mare Nostrum“ wohl drei Fragezeichen angebracht wären … Und die phantastischen Bilder und Klänge, das musikalisch-spanische Feuer und die asturischen Rhythmen müssten heute wohl um grausame Bilder ergänzt werden, die so gar nicht zur Sonntagsstimmung des Publikums im Festspielhaus passten … Aber das konnte 2015 niemand voraussehen.

So präsentiert die Neue Philharmonie Westfalen ein leichtfüßig-buntes Programm von Kompositionen rund um das Mare Nostrum, das Rasmus Baumann und sein Orchester zu einem sommerlich-beschwingten Programm zusammengebunden haben. Mit Werken von Emmanuel Chabrier, Maurice Ravel, Joaquin Rodrigo, Manuel de Falla und Nikolai Rimsky-Korsakow erklingen Kompositionen, die man in dieser Konzentration selten hört. Und doch sind darunter zahlreiche bekannte Werke, ja Ohrwürmer, die beim Zuhörer angenehme Bekanntheitsgefühle wecken.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Das beginnt schon mit der Rhapsodie Espana des Franzosen Emanuel Chabrier, den nach einem längeren Spanienaufenthalt spanische Melodien und Rhythmen motivieren. Nach sanften, laufenden Passagen der Streicher ertönen heftige Paukenakzente, bevor sich die Bläser deutlich vernehmbar dazu gesellen. Flirrende Takte der Streicher wechseln mit scharfen Akzenten der Flöten in einem tanzähnlichen Rhythmus. Auch Maurice Ravels Rhapsodie espagnole greift auf Motive der spanischen Musik zurück und spielt mit rhythmisch-melodischen Elementen und gefühlvollen Melodien, die gern die Streicher ausbreiten. Leichte Akkorde der Gitarre begleiten gefühlvolle Passagen der Holzbläser, bis im dritten Satz die populäre Habanera erklingt. Joaquin Rodrigos  Concierto de Aranjuez gibt dem Gitarristen Thorsten Drücker Gelegenheit, die Variationsmöglichkeiten seines Instrumentes zu zeigen. Drücker ist ein versierter, erfahrener und gefühlvoller Solist, der von den leichten, fliegenden Läufen über die kräftigen Grundrhythmusharmonien bis hin zu den selten erklingenden Bassbegleitungen sein Instrument souverän beherrscht und vom Orchester zurückhaltend begleitet wird.

Thorsten Drücker - Foto © David Worm

Aus Manuel de Fallas El amor brujo erklingt das voluminöse Orchesterwerk Feuertanz, das der Neuen Philharmonie Westfalen Gelegenheit zu voller orchestraler Ausbreitung bietet. Sie nutzt Rasmus Baumann am Pult, um neben den vielen zarten, melodiös-melancholischen Passagen die Wucht dieser Musik auszuloten. Mit dem abschließenden Capriccio espagnol zeigt Nikolai Rimsky-Korsakow, dass auch ein russischer Komponist, der die Musik seiner Zeit kennt, Elemente der spanischen Musik erfassen und stimmungsvoll umsetzen kann.

Ein begeistertes Publikum erlebt einen beschwingt-leichten Sonntagmorgen, an dem sich lebhafte Tanzmelodien mit melancholischen Liebesstimmungen mischen. Erst als nach langem Applaus Dirigent Baumann noch einige weitere Aufführungen ankündigt, lässt sich das Publikum – ungern – überzeugen, dass zumindest dieses gelungene Sonntagskonzert – zu Ende ist.

Horst Dichanz