Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Foto © Uwe Lewandowski

Aktuelle Aufführungen

Flöte ohne Zauber

DIE ZAUBERFLÖTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)

Besuch am
6. Oktober 2016
(Premiere)

 

 

Theater Osnabrück

Eigentlich beginnt es schon mit dem Klang des Glockenspiels. Während man von vielen anderen Inszenierungen die volle, wohlklingende Tonfolge des Leitmotivs kennt und sich gern daran erinnert, piept in Osnabrück eine kümmerlich kleine Rohrflöte Töne, die in jedem Busch verloren gehen, ein Klang ist das nicht. Auf die weitere Verwendung des geometrisch-freimaurerischen Menschenrätsels auf dem Vorhang wartet der Zuschauer vergeblich. Zwar nimmt der zweite Akt zu Beginn das Pyramidensymbol wieder variiert auf, doch anschließend präsentiert die Bühnendekoration geometrische Körper, die eher an Anschauungsstücke des Mathematikunterrichts erinnern als an eine tiefsinnige Operndekoration.

Etienne Pluss lässt auf der Bühne reichlich Platz, neben den geometrischen Symbolstücken erinnert er mit drei Säulen an den Palast, David Gonter gibt den Darstellern weitgehend fantastische Kostüme, die bei den drei Damen, den drei Knaben wie dem Chor die Wirklichkeit verlassen. Das schwarze Outfit der Königin der Nacht unterstützt die kalte Wirkung dieser Figur. Vor allem die Chormasken im zweiten Akt wirken gruselig.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Die Handlung zwischen den zwei Liebespaaren und den Störern Sarastro, Monostratos und den drei so hässlich kostümierten Damen entwickelt sich entlang des Librettos eher mühsam und zäh. Daniel Wagners Tamino bleibt stimmlich wie darstellerisch blass, Jan Friedrich Eggers, Bariton, gibt dem Papageno eher befremdliche clowneske Züge, Mark Hammann, Tenor, stört glaubhaft und markant den szenischen Frieden. Am ehesten überzeugt noch Erika Simons als Pamina, die sie lebendig und mit warmem Sopran spielt. Auch Caroline Bruker als Papagena bringt mit ihrem lebhaften Sopran Leben auf die Bühne. José Gallisas Sarastro kommt eher statisch daher, seine Bassstimme lässt wenig dramatische Akzente hören. Marie-Christine Haase, dramaturgisch wie darstellerisch als Königin der Nacht herausgehoben, präsentiert die Figur eher mit unterkühltem Timbre. Ihr Koloratursopran bleibt trotz technischer Versiertheit ausdrucksarm. Das Geschehen auf der Bühne zieht sich hin. Markus Lafleur hat den Chor zur musikalischen Stütze des Abends gemacht. Musikalisch wie durch Kostümerscheinung gelingen dem Chor wenigstens einige dramatische Höhepunkte.

Foto © Uwe Lewandowski

Zwei ältere Damen fragen sich – wohl nicht als einzige – auf dem Weg in die Pause: „Sollen wir noch einmal hineingehen?“ Das Publikum, selbst bei den bekannten Mozartschen Arien mit Zwischenapplaus sehr zurückhaltend, wartet vergeblich auf dramatische Höhepunkte, musikalisch herausgespielte Effekte. Auch Daniel Inbal mit dem Osnabrücker Symphonieorchester gelingt es an diesem Abend nicht, ein wenig von dem Zauber zu wecken, der eigentlich diese Mozartoper zu einer der beliebtesten beim Publikum gemacht hat. Ingmar Bergmans Forderung an die Aufführung der Zauberflöte, sein Traum „Junges Feuer, junge Leidenschaft, junge Verspieltheit“, obwohl im Programmheft abgedruckt, scheint weitgehend vergessen. Auf den Zauber dieser wohl populärsten Oper wartet das Publikum vergeblich. Der einzige Eintrag ins Zuschauerbuch zu diesem Abend: „Toll!“ – Na dann.

Horst Dichanz