Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Alle Fotos © Winfried Hösl

Aktuelle Aufführungen

Stürzende Walküre

DIE WALKÜRE
(Richard Wagner)

Besuch am
2. Dezember 2015
(Premiere am 11. März 2012)

 

Bayerische Staatsoper München

Mit viel Vorfreude strömt das Münchner Publikum ins ausverkaufte Nationaltheater. Die Besetzung dieser Walküre lässt die Herzen der Fans von Klaus Florian Vogt höher schlagen. Und schon in der Ouvertüre darf der Held mutig das Schwert schwingen und im Kampfe ermattet vor dem Hause Hundings niedersinken. Die Münchner Ring-Inszenierung von Andreas Kriegenburg ist aufwändig bebildert. Die Statisterie hat alle Hände voll zu tun. In Hundings Hause werden die verwundeten oder getöteten Krieger versorgt, junge Mädchen eilen zwischen dem Liebespaar Siegmund und Sieglinde symbolhaft mit Lichtern hin und her und bilden so eine leuchtende emotionale Brücke der entflammenden Liebe.

Anja Kampe als Sieglinde und Klaus Florian Vogt sind zurzeit eine begehrte Besetzungskombination für das sagenumworbene Geschwisterpaar. Sie, blond im roten Hauskleid, bleibt gedämpft dunkel und lässt ihren kräftigen Sopran ohne Dramatik sich fein der weichen Tenorstimme von Klaus Florian Vogt annähern. Sein heller, immer noch jugendlich strahlender Tenor besticht mit Klarheit und Reinheit im Klang sowie schmelzenden Legati. Die silberne, glöckchengleiche Höhe lässt er an diesem Abend nur vereinzelt klingen. Dafür schmettert Hans Peter König kraftvoll als Bösewicht Hunding. Im zweiten Akt erleben wir Thomas J. Mayer als Wotan in seinem imposanten Büro in Walhall mit großer Dienerschaft, die auch als lebendiges Mobiliar fungieren muss. Er erscheint elegant im schwarzen Gehrock – Kostüme von Andrea Schraad – während Petra Lang als Brünnhilde unvorteilhaft im langen weißen Hängekleid mit grauem Mantel und klobigen Schnürstiefeln herumtollt. Ihr gelingt eine weiche, wohlverständliche, mitunter auch lyrische Brünnhilde, die in ihrer Vaterliebe als auch im Mitleid für den zu fällenden Siegmund viel Ausdruck zeigt.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Knisternde Spannung erwirkt das Streitgespräch des Götterehepaars Fricka und Wotan. Daniela Sindram ist eine streitsame selbstbewusste Ehefrau deren Stimme in der Höhe trockene, weibliche Hysterie und Schmerz vermitteln kann. Mayer kann hier nur schmerzverzerrt und weichgespült seine Niederlage darstellen. Er singt mit Kraft, aber kann farbliche Nuancen setzen und in allen Lagen ohne Bruch durchsingen. Die stampfenden Walküren-Rösser zu Beginn des dritten Aktes beanspruchen unverändert die Geduld des Publikums, das sich diesmal aber höflich für die sportliche Leistung der mähneschwingenden Damen bedankt. Viel mehr ist dem Regieteam für den anschließenden Walkürenritt in der Interpretation nicht eingefallen, und so bewegen sich die unvorteilhaft gekleideten, heldenhaften Amazonen mit ihren schnalzenden Zügeln unbeholfen auf der Bühne zwischen den aufgespießten Gefallenen.

Foto © Winfried Hösl

Und dann passiert‘s. Brünnhilde zerrt die vor Gram vergehende Sieglinde auf die Bühne und stolpert über die gespannten Zügel. Kopfüber mit Schwert und Schild fällt sie verdutzt auf den Boden. Schnell rappelt sich Petra Lang wieder auf und findet sich wieder in die Rolle ein. Berührende, intime Momente bringt die anschließende Vater-Tochter-Szene.

Musikalisch unterstützt Simone Young im Orchestergraben mit einer zart anschwellenden klanglichen Umhüllung, die das ganze Haus mit romantischer Wärme erfüllt. Ihr Dirigat bleibt unaufdringlich, malt farbig facettenreich die Handlung aus und lässt die Sänger förmlich schweben. Der finale Feuerzauber mit flammender Lichtinstallation wirkt erlösend und unendlich im Raum stehend. Viel Applaus belohnt am Ende alle Beteiligten und lässt Petra Lang auch wieder lächeln.

Helmut Pitsch