Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Alle Fotos © Wilfried Hösl

Aktuelle Aufführungen

Meisterklasse von der Spitze bis zur flotten Sohle

SINFONIE IN C/IN THE NIGHT/
ADAM IS

(Balanchine/Robbins/Barton)

Besuch am
20. Dezember 2015
(Premiere)

 

Bayerisches Staatsballett

Rechtzeitig zur Weihnachtszeit präsentiert das Bayerische Staatsballett einen romantischen, gefühlvollen, bisweilen märchenhaften Ballettabend, der sich aus drei sehr unterschiedlichen Stücken zusammensetzt. Die Werke geben Aufschluss über die Entwicklung des klassischen Tanztheaters bis hin zum modernen Ausdruckstanz mit der Uraufführung der Choreographie Adam is von Aszure Barton zur Musik von Curtis Robert MacDonald.

Den Einstieg stellt die Wiederaufnahme der 1947 uraufgeführten und 1975 in München erstmals aufgeführten Choreografie George Balanchines zur Sinfonie in C von Georges Bizet. Vor mediterran hellblau ausgeleuchtetem Bühnenhintergrund erlebt das Publikum klassischen Spitzentanz im feinem Tüll und strahlendem Weiß. Balanchine schuf zu den leicht durchgängigen rhythmischen vier symphonischen Sätzen des 17-jährigen, französischen Komponisten eine sehr an die Musik ausgerichtete bewegungsreiche tänzerische Darstellung. Anspruchsvolle Soli werden vom stetig anwachsenden Ensemble begleitet und eingerahmt. Die eleganten und modern anmutenden Bewegungsabläufe im neoklassizistischen Stil begeistern auch heute. Wiederum berückt Lucia Lacarra mit ihrer Anmut und grazilen Gestik nahezu schwebend in den Armen von Marlon Dino als Solisten sowie Ivy Amista mit perfektem Tanz und eleganter Haltung und Bewegung, begleitet von Maxim Chashchegorov.

POINTS OF HONOR
Musik
Tanz
Choreografie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Im Mittelteil des Abends werden die Zuschauer in die Idylle der Nacht in der Choreografie von Jerome Robbins zu den Klängen der Nocturnes von Frederic Chopin entführt. Das Werk entstand 1970 für das City Ballet in New York und wurde 2001 vom Bayerischen Staatsballett in Deutschland erstaufgeführt. In den für Robbins typischen, emotional ausdrucksstarken Figuren, in sanften Bewegungsabläufen eingebettet, gleitet der Betrachter in gleichsam meditative Stimmung. Liebe und Begehren, Zueinanderfinden und Verschmelzen sind die Themen, die von drei Solistenpaaren umgesetzt werden und dafür vom Publikum begeistert bejubelt werden.

Foto © Wilfried Hösl

Zum Abschluss wird es dann männlich kraftvoll und energetisch geladen. Eine Videoinstallation lässt das Publikum durch einen Urwald streifen, bevor es auf eine Horde Männer in Katzenkostümen stößt. Die Choreografin Aszure Barton suchte bereits früh in ihrer Karriere neue Wege und künstlerische Elemente. Viele Jahre arbeitete sie mit Michail Barishnikov und schuf verschiedene Kreationen für sein Arts Center sowie verschiedene Kompagnien am Broadway. Die Neukreation dieses Abends wird ausschließlich von Männern getanzt und stellt so auch einen Gegenpol zur weiblich dominierten Sinfonie in C von Balanchine dar. Barton sieht ihre künstlerische Arbeit als ständigen Schöpfungsprozess. Es gibt keine Ergebnisse, keine vollendeten Produkte, sondern einen fortwährenden Kreislauf. Diese Dynamik kann man in dem Werk Adam is klar spüren. Spannungsgeladen zieht Barton einen Bogen vom anmutigen Erwachen, Sammeln und kämpferischen Aufbegehren gegen einen nicht klar definierten Feind, der in einen überdimensionierten Teddybären schlüpft und das streitbare Mannsbild bändigt. Am Ende wird es gefühlvoll, ja geradezu emotional finden Mann und Mann sich in einem hinreißenden Pas de deux der sinnlichen Vereinigung. Die Musik von Curtis Robert Macdonald folgt diesem Erzählstil der Choreografin. Der Komponist nutzt nur Musik von männlichen Interpreten, sucht neue ungewöhnliche Klänge, die sowohl hart als auch weich, schwer als auch leicht klingen und so eine Klangvielfalt wie in der Natur herausfordern. Die tänzerische Umsetzung ist anspruchsvoll, mitreißend schwungvoll und reich bebildert. Das Publikum ist überzeugt und bejubelt die neun Tänzer.

Helmut Pitsch