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Kulturmagazin mit Charakter

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Alle Fotos © Karlheinz Fessl

Aktuelle Aufführungen

Spuk und Komik im Geisterhaus

MIDSUMMER NIGHT'S DREAM
(Benjamin Britten)

Besuch am
4. November 2015
(Premiere am 29. Oktober 2015)

 

 

Stadttheater Klagenfurt

Es spukt! Gestalten mit Taschenlampen huschen durch den Raum. Figuren tauchen hinter Stühlen oder Vorhängen auf oder verschwinden durch Wände, Kisten oder Uhrkästen. Hier und dort blitzt plötzlich Licht auf und erlischt. Und alles ist in diesem holzvertäfelten, großen Raum eines Herrschaftshauses mit den riesigen Fenstern auf einer Seite in dunkles, unwirkliches, meist violettes Licht getaucht: Eigentlich spielen die sinnlich-übersinnlichen Vorgänge einer lauen Sommernacht in einem Wald bei Athen.

Am Stadttheater Klagenfurt lässt Immo Karaman bei A Midsummer Night’s Dream von Benjamin Britten die Natur jedoch völlig draußen und hat sie nur auf ein Waldbild und einen hereinragenden Ast beschränkt. Es ist eine mystische, teils spukhafte Inszenierung des Regisseurs, der hier am Haus schon Prokofjews Liebe zu den drei Orangen in Szene gesetzt hat. Aber mit den alten, herumliegenden Möbeln, die Ausstattung stammt von Nicola Reichert, wird viel Stimmung wie in einem Geisterhaus erzeugt. Die ausgefeilte Personenregie besticht durch ungemeine Lebendigkeit und phantasievollen Ideenreichtum.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Zu dieser Vitalität trägt auch ein ausnehmend spielfreudiges Ensemble beinahe ohne sängerische Schwachstellen bei: Da ist Gregor Kohlhofer ein quirliger, herumsausender Puck mit hochgekämmten, roten Haaren, eine Mischung aus Lausbub und Punker, eine Sprechrolle, der immer wieder von einem kleinen Jungen gedoubelt wird. Da sind die Liebespaare, die Puck durch die falsche Anwendung des Zaubersaftes gehörig durcheinanderwirbelt mit einem stimmgewaltigen, sehr virilen Nikos Kontenidis als Demetrius, einer ungemein stimmschönen Anna Pennisi als Hermia, einem hellen und höhensicheren Robin Tritschler als Lysander und einer herrlich phrasierenden Laura Tatulescu als Helena ideal besetzt. Da ist Yosemeh Adjei ein Elfenkönig Oberon mit einem ausgezeichneten, subtilen Countertenor und Elsa Benoit eine Titania zum Niederknien, mit glockenreinem, leichtfüßigem und sinnlichem Gesang. Nicholas Crawley ist ein stimmgewaltiger, witziger Bottom – in der deutschen Übersetzung heißt er Zettel, der Weber, im Schauspiel der Piramus und Alexander Sprague ein flötender Flute als im Schauspiel ist er die Thisbe. Aber auch die übrigen Handwerker wie Grga Peros, Sion Goronwy und Michael Schober sind untadelig und komisch. Etwas unter diesem Niveau: Kristian Paul als Theseus und Christiane Döcker als Hippolyta. Großartig singen auch solistisch die jungen Choristen aus der Singschul Carinthia, dessen Einstudierung Apostolos Kallos besorgte als Elfen, die sich wie Puppen toll bewegen.

Foto © Karlheinz Fessl

Aparte, zauberhafte Klänge mit Harfe, Celesta und delikaten Streicherglissandi erklingen für die Elfenwelt. Mit teils glühender Liebesmusik sind die Szenen der Athener ausgestattet. Bei den Theater spielenden Handwerkern greift er zur derben Parodie: So meisterhaft trennt Benjamin Britten die dreierlei Welten, die in seiner Oper, deren Uraufführung 1960 stattfand, auf Shakespeares unsterblichem Meisterwerk basierend, zusammenstoßen. Und genauso hört man sie im Kärntner Sinfonieorchester unter dem souveränen Alexander Soddy:  Besonders die somnambule Traumwelt ist voll von wunderbar durchsichtigen, zarthellen, fein entrückten, durchsponnenen Klanggeweben.

Riesenapplaus!

Helmut Christian Mayer