Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Foto © Arnold Pöschl

Aktuelle Aufführungen

Prachtvolles Sängerfest

I CAPULETI E I MONTECCHI
(Vicenzo Bellini)

Besuch am
7. April 2016
(Premiere)

 

 

Stadttheater Klagenfurt

Zweifellos ist sie die ergreifendste und populärste Liebesgeschichte der Weltliteratur und hat Künstler aller Sparten zu Kunstwerken animiert. Und nicht nur William Shakespeare, dessen 400. Todestag sich heuer jährt, machte das ewige Liebespaar Romeo und Julia aus Verona unsterblich. Auch im Musiksektor gibt es zahlreiche Vertonungen unterschiedlichster Genres wie auch Opern. 

Eine davon ist I Capuleti e i Montecchi, deren Uraufführung 1830 in Venedig als Auftragswerk des Teatro La Fenice mit durchschlagendem Triumph stattfand, und stammt von Vincenzo Bellini: In nur eineinhalb Monaten hat er die alte Veroneser Legende von der ausweglosen Liebe zu einer melodienreichen Gesangsoper gestaltet, in der ein melancholischer Ton vorherrscht. Er legt, dem Belcanto verpflichtet, alle Süße seiner Melodien, alle Spannung seiner einfachen, aber wirkungsvollen Dramatik in das neue Werk. Nicht nur auf Shakespeare basiert das Libretto von Felice Romani, sondern auch auf anderen alten, italienischen Quellen.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Nach vielen Jahren erlebt man jetzt die Belcanto-Oper wieder am Stadttheater Klagenfurt, allerdings nur in konzertanter Form. Von Bettina Breitenecker in historische, nicht für alle Sänger vorteilhafte Kostüme gehüllt, wird trotzdem, vor allem vom Liebespaar andeutungsweise gespielt und so werden Gefühle und Stimmungen für jedermann erkennbar offengelegt.

Elsa Benoit - Foto © Adrian Schätz

Oh, wie oft schon hab’ ich den Himmel weinend angefleht um dich: Eingebettet in ein wunderbar weich gespieltes Horn- und ein glitzerndes, zauberhaftes Harfensolo erklingt diese Auftrittsarie der Giulietta. Elsa Benoit singt aber nicht nur die, sondern den ganzen Abend als unglücklich Liebende, mit viel Seele, feinsten Piani und blitzsauberen Koloraturen. Und dann vereinigt sich ihr glockenreiner, mädchenhafter Sopran in mehreren Duetten immer wieder immer wieder herrlich mit der runden Stimme des Romeo. Dieser ist bei Bellini als Hosenrolle mit einem Mezzosopran besetzt ist, wodurch die Jugend des Liebhabers glaubhafter gemacht werden soll: Anna Pennisi ist ein in allen Lagen farbiger, flexibler, wohlklingender Romeo, wenig jugendlich ungestüm gezeichnet.  Besonders ergreifend ist ihr Duett am Sterbebett mit viel Wohllaut und tiefer Bewegung.

Aber auch mit der Stimmleistung der anderen Protagonisten, die alle bis auf den Tebaldo schon mehrfach am Stadttheater zu erleben waren, kann man mehr als zufrieden sein: Tebaldo, der Freund der Capulets, eigentlich als Bräutigam von Julia auserkoren, ist Giordano Lucà. Er singt ihn mit mühelosen Höhen und kraftvollem Tenor. Stimmkräftig ist auch Nikos Kotenidis als Lorenzo, Freund und Arzt der Capulets, zu vernehmen. Manchmal etwas derb, aber mit profundem Bass hört man Michael Schober als Capellio, das Familienoberhaupt der Capulets. Ausbalanciert und homogen singt der Chor des Hauses, dessen Einstudierung Günter Wallner besorgte.

Am Pult des Kärntner Sinfonieorchester agiert der junge Italiener Giacomo Sagripanti, der als einer der interessantesten Nachwuchsdirigenten gehandelt wird. Leider fehlt es da und dort an Verve, was den zweiten Akt trotz einiger Striche sehr langatmig fühlen lässt, und Feinschliff. Nicht alle Übergänge funktionieren klaglos, was auf mangelnde Probenarbeit hindeutet. Trotzdem zeigen die Musiker viel Einfühlungsvermögen. Besonders die Solisten am Horn, Cello, an der Harfe, Klarinette und Flöte glänzen.

Das Publikum ist begeistert und spendet stehende Ovationen.

Helmut Christian Mayer