Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Foto © Foto Hofer

Aktuelle Aufführungen

Zwischen Okzident und Orient

DIE ROSE VON STAMBUL
(Leo Fall)

Besuch am
23. Juli 2016
(Premiere)

 

 

Léhar-Festival, Bad Ischl

Das hätte sich Intendant Michael Lakner wohl nicht träumen lassen, dass bei der Werkauswahl vor zwei Jahren, Die Rose vom Stambul von Leo Fall einen derartig topaktuellen, politischen Bezug haben würde wie jetzt bei der Premiere. Denn in dieser selten gespielten Operette, die überwiegend in Stambul spielt, geht es um den Konflikt zwischen Orient und Okzident, um Zwangsverheiratung, um die Schleiertragepflicht. Alles jedoch mit einem Augenzwinkern präsentiert und mit einem Happy End.

Achmed Bey, Nachfahre eines hohen türkischen Politikers, betätigt sich unter seinem alter ego André Lery als Schriftsteller. Kondja Gül, die Tochter von Exzellenz Kamek Pascha, schwärmt für sein Oeuvre. Ihr Vater aber vermählt sie mit Achmed Bey. Kondja sträubt sich – nicht wissend, dass ihr Mann der Schöpfer der von ihr verehrten Romane ist. Sie flüchtet in die Schweiz, um Lery kennenzulernen, und ist bitter enttäuscht, dass dieser schon verheiratet ist – zum Glück mit ihr selbst! Nichts steht dem Happy End im Wege.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Hausregisseur und Choreograf Leonard Prinsloo geht jedoch einer topaktuellen Aktualisierung aus dem Wege. Er verlegt die Handlung dieser Operette, die im zweiten Jahr des ersten Weltkriegs entstanden ist, nur in die 60-er Jahre des 20. Jahrhunderts, was auf Grund der entsprechenden Frisuren und den ziemlich überzeichneten Kostümen unschwer erkennbar ist.  Er inszeniert die amourösen Verwirrungen mit Esprit und Witz und lässt flott wie auch vital spielen und tanzen. Lediglich im ersten Akt gibt es manchmal etwas zähe Momente. Dazu genügen ihm ein paar weiße Elemente wie Treppen und Sitzgelegenheiten, Vorhänge und Projektionen.

Foto © Foto Hofer

Orientalische Musikelemente, reizvolle koloristische Mittel und klangliche Charakterisierung der türkischen Atmosphäre prägen das Stück musikalisch. Trotz dieser Einfärbung wahrt die Musik primär die Wesenszüge die Wiener Provenienz mit dem Vorrang auf dem Walzertakt. Reich sind die original-einprägsamen thematischen Einfälle, insbesondere der dankbaren großen Gesangsszenen der beiden Hauptpartien. Eine Art Leitthema ist der große Walzer O Rose von Stambul. Leo Falls Meister-Operette besticht aber auch mit mozartianischen Tenor-Arien wie Ihr stillen süßen Frau'n und dem Duett Ein Walzer muss es sein. All das ist beim Franz-Lehár-Orchester unter der Leitung von Marius Burkert in den besten Händen. Es wird temperamentvoll, mitreißend und schwungvoll musiziert.

Auch dieses Mal hat der scheidende Intendant, er wechselt nach 13 Jahren in Bad Ischl im Mai 2017 an die Bühne Baden, wieder ein homogenes Ensemble zusammengestellt: Maya Boog als Kondja Gül singt verlässlich und sauber. Alexandru Badea als Achmed Bey alias André Lery der Schriftsteller produziert abgesehen von einigen zu schmachtenden Einlagen kraftvoll und höhensicher. Ilia Vierlinger ist eine entzückende, quirlige über die Bühne fegende Midili mit flexiblem Sopran. Publikumsliebling Thomas Zisterer ist ein ungemein komischer Fridolin auch in seiner Fraueneinlage. Komisch auch Gerhard Balluch als Müller senior eine Art Hans Albers-Verschnitt wie auch Matthias Schuppli als schweizerischer Hoteldirektor.

Viel Applaus im ausverkauften Saal, wobei sich das Lehár-Festival einmal mehr als Mekka der Operette beweisen kann und noch bis Anfang September seine Pforten geöffnet haben wird.

Helmut Christian Mayer