Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Some alt text
Foto © Festwochen der Alten Musik

Aktuelle Aufführungen

Verwirrungen im Hühnerstall

IL MATRIMONIO SEGRETO
(Domenico Cimarosa)

Besuch am
12. August 2016
(Premiere)

 

Innsbrucker Festwochen der Alten Musik,
Tiroler Landestheater

Ausgesprochen unterhaltsam und ideenreich mit vielen bunten Bildern verläuft dieser Abend in der Regie des Duos Renaud Doucet und Andre Barbe. Geradezu genial ist deren Idee, die gesamte Handlung in einen Hühnerstall zu stecken. Das Bühnenbild ist im Stil eines barocken Kupferstiches in schwarz-weiß gestaltet. Es zeigt das Innere einer Scheune mit einer übergroßen Heugabel und Hühnerstall samt Leiter, auf der sich zumeist das Geschehen abspielt. Ein geflochtener Korb gegenüber dient den aufgeschreckten Hennen als Eilegestätte.  Die Kostüme sind geschmackvoll dem Federkleid von Hahn und Henne herrlich bunt abgeleitet und die Perücken imitieren den obligaten Hahnenkamm.

Auch die Bewegungen der Protagonisten sind der Tierwelt abgeschaut. So gockeln die Hähne und schlagen aufgebracht mit den Flügeln, die Hennen picken in ihrer Eifersucht auf sich ein, der dienende Pfau schlägt sein Rad und ein paar artistische Fliegen springen und sprinten über die Bühne. Da verläuft der vier Stunden lange Abend trotz musikalischer Längen sehr kurzweilig inklusive vereinzelter Lachsalven im Publikum aufgrund der wirklich komisch gestalteten einzelnen Szenen und der Spielfreude aller Beteiligten.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Besonders trägt zum Erfolg des Abends sicherlich auch das Dirigat von Alessandro de Marcchi, dem Künstlerischen Leiter der Festwochen für Alte Musik, bei. Er führt seine Musiker der Accademia Montis Regalis mit Bedacht und unterstützt insbesondere die Sänger auf der Bühne einfühlsam, niemals zu laut oder überladen. Es geht schwungvoll und leicht voran, der Klang ist transparent und die Solisten bringen weitere Farbe in die Untermalung des lebendigen Geschehens auf der Bühne.

Foto © Festwochen der Alten Musik

Die jungen Sänger, allen voran Giulia Semenzato und Klara Ek, überzeugen mit ihren frischen Stimmen als die Schwestern Elisabetta und Carolina. Renato Girolami ist ein wirkungsvoller Graf Robinson. Vesselina Kasarova hatte kurzfristig ihre Mitwirkung nach einem tragischen Raubüberfall abgesagt und wird durch Loriana Castellano würdig vertreten. Jesus Alvarez hat einen lyrischen weichen Tenor, wirkt mitunter matt als liebender Paolino und vermeintlicher Drahtzieher der Verwirrungen. Donato di Stefano ist der schwerhörige und älteste Hahn am Hof, der aber noch versteht, wirkungsvoll mit seiner sonoren vollen Stimme für Aufmerksamkeit und Autorität zu sorgen.

Domenico Comarosa war ein emsiger Komponist, aber viele Werke sind in Vergessenheit geraten. Il Matrimonio segreto hat er während seiner Anstellung als Hofkomponist in Wien geschaffen. Berühmt ist die Geschichte der Uraufführung im Burgtheater 1791 geworden, als Kaiser Leopold II nach dem Ende der Uraufführung vor Begeisterung Da Capo rief und die gesamte Oper in seinen Privatgemächern wiederholt wurde. Das geschieht in Innsbruck nicht, aber die Begeisterung ist groß, und das Publikum feiert die Musiker und das Regie-Team als Dankeschön für diesen gelungenen unterhaltsamen Abend, der sicherlich lange aufgrund der originellen Ideen in Erinnerung bleiben wird.

Helmut Pitsch