Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Alle Fotos © Werner Kmetitsch

Aktuelle Aufführungen

Poesie- und stimmungsvolle Märchenrarität

DORNRÖSCHEN
(Engelbert Humperdinck)

Besuch am
31. Oktober 2015
(Premiere)

 

 

Opernhaus Graz

Von Engelbert Humperdinck kennen Opernliebhaber meist nur Hänsel und Gretel, Spezialisten vielleicht noch die Königskinder. Dabei hat er noch einige weitere, jedoch kaum je aufgeführte Märchenopern komponiert. Der Grazer Oper ist es zu verdanken, dass man nun Bekanntschaft mit Dornröschen machen darf: Ein reizvolles, 1902 in Frankfurt uraufgeführtes Werk, das über die bekannte Version der Gebrüder Grimm hinaus noch einige weitere Zutaten bereithält: So gibt es Ausflüge des Prinzen zu den Sternen, in der Partitur als Sphärenreigen bezeichnet, und in die Nymphen- und Zwergenwelt wie auch Reinholds Kampf gegen die böse Fee Dämonia und verschollene und schwer zu findende Verlobungsringe. Die diesbezüglichen szenischen Anforderungen sind aber so immens und nur schwer zu realisieren, dass man sich jetzt bei der Grazer Erstaufführung mit einer konzertanten Version zufrieden gibt. Die wird mit prächtigen, bunten Kostümen von Barbara Häusl für die Damen, mit wechselnden Hintergrundbildern, wie Scherenschnitten aus alten Büchern mit Szenen aus der Geschichte, passenden Lichtstimmungen sowie mit so manchen Auftritten der Protagonisten im Zuschauerraum und in den Logen aufgemotzt. Die szenische Einrichtung besorgt Christian Thausing.

Ein Vergnügen ist es, dem überwiegend jung besetzten Sängerensemble zuzuhören, das ausnahmslos über unverbrauchte Stimmen verfügt. Tatjana Miyus ist ein liebreizendes, glasklar singendes Dornröschen. Ihrem geliebten Prinzen Reinhold leiht Peter Sonn seinen schön geführten und höhensicheren Tenor. Sophia Brommer ist eine sensible Feenkönigin Rosa. Iris Vermillion ist die böse Fee Dämonia, exzessiv zum Fürchten. Dshamilja Kaiser ist als Schlaf-FeeMorphina ebenso wie Sieglinde Feldhofer als eine Winde wie auch als Quecksilber ideal besetzt. Strahlend hört man Sofia Mara als Sonne im goldenen Kleid vom Balkon aus.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Auch die vielen kleineren Rollen, so auch die beiden jungen Blumenmädchen aus der  Grazer Singschulder Grazer Oper und der Chor des Hauses, der teilweise aus den Proszeniumslogen zu hören ist und von Bernard Schneider einstudiert wurde, singen wunderbar. Keine Geringere als die bekannte Schauspielerin Erika Pluhar erzählt die Geschichte mit sonorer Stimme im roten Lehnstuhl sitzend. In ihr hat man die vorgesehenen elf Sprechrollen und den Großteil der Dialoge in der eigens erstellten Textfassung von Tilmann Böttcher und Bernd Krispin vereinigt.

Erika Pluhar kommentiert und erzählt - Foto © Werner Kmetitsch

Humperdincks Musik ist auch diesmal von Leitmotivik, Naturstimmungen und einem weit ausufernden, an Wagner gemahnenden Orchestersatz geprägt, immer verknüpft mit volksliedartiger Schlichtheit. Das Grazer Philharmonische Orchester unter dem überwiegend auf Sicherheit bedachten Marius Burkert hat all das mit vielen Farben und feinen Abstufungen musiziert. Ein Mehr an spannungsvollen Akzenten hätte jedoch gut getan.

Dem Publikum, darunter viele Kinder, gefällt es ausnehmend, es applaudiert heftig.

Helmut Christian Mayer