Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
NABUCCO
(Giuseppe Verdi)
Besuch am
27. Dezember 2015
(Premiere im Dezember 2012)
Sie ist schon beeindruckend, diese goldene Rampe, die leicht ansteigend den Bühnenrand umrundet und ganz oben uneingesehen quasi im Himmel endet. Beeindruckend bei der Wiederaufnahme von Giuseppe Verdis Nabucco aus dem Jahre 2012 bei den Tiroler Festspielen Erl sind auch die ungemein geschmackvollen Arrangements des Chores, der symmetrisch über die ansteigenden Podeste der Einheitsbühne, die Jan Hax Halama geschaffen hat, verteilt ist, und bei gewissen musikalischen Impulsen, geringfügig die Position verändert. Über den Choristen, die in orange-braunen Gewändern die Hebräer darstellen, als Babylonier sind sie zur leichteren Unterscheidung augengleich, aber in blau gewandet, die Kostüme stammen von Lenka Radecky, schweben gefährliche, goldene Lanzen, die sich beim seltsamerweise ohne Gefolge erscheinenden Nabucco, noch bedrohlicher senken.
Aber Andreas Leisner, im Gegensatz zum Vortag bei Rossinis Il barbiere di Siviglia als Dirigent nun wieder als Regisseur tätig, zeigt außer dieser ästhetischen Statik wenig Vitalität und vernachlässigt ziemlich die Personenführung. So wirken auch die Schlüsselszenen leider kaum, weil sie nicht entsprechend inszeniert sind. Es dominiert konsequentes Steh-, Schreit- und Liegetheater.
Musik | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Gesang | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Regie | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Bühne | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Publikum | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Chat-Faktor | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Vitalität erlebt man hingegen im Graben. Hier steht jetzt wieder Gustav Kuhn an seinem angestammten Platz am Pult und hat das Orchester der Tiroler Festspiele Erl fest im Griff. Es gelingt dem viele Akzente setzenden Maestro, Verdis draufgängerische jugendliche Vitalität wie auch differenzierte Dynamik und packenden Hochdruck, der nur manchmal zu knallig wird, im Orchester spannend auszureizen und glutvoll zu zünden.
Beeindruckend sind auch die Sänger: Giulio Boschetti ist ein sehr männlicher, prägnanter und dominanter Titelheld, der auch glaubhaft die geistigen Verwirrungen des Königs, mit einem Stofftier unter dem Arm, über die Rampe bringt. Sophie Gordeladze ist eine intensive Abigail, die die mörderisch schwere Partie mit enormem Durchsetzungsvermögen grandios bewältigt. Ihre manchmalige Schärfe ist zu vernachlässigen. George Vincent Humphrey ist ein etwas farbloser, vibratoreicher Ismaele, Franz Hawlata ein edeltimbrierter Hohenpriester Zaccaria, der sich in der Höhe manchmal etwas schwertut. Svetlana Kotina singt die Fenena gefühlvoll. Durchaus gut ausgesucht sind auch die kleineren Partien mit Maria Lopalco als Anna, Nicola Ziccardi als Hohenpriester und Patrizio Saudelli als Abdallo. Ausbalanciert, klangschön und kraftvoll singt die Chorakademie der Festspiele.
Wieder großer Jubel im Publikum.
Helmut Christian Mayer