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Aktuelle Aufführungen

Chinesische Nachtigall

TURANDOT
(Rudi Genbrugge)

Besuch am
14. November 2015
(Premiere)

 

Theater Kontra-Punkt,
Junges Schauspielhaus Düsseldorf

Carlo Gozzis Märchen von der eiskalten chinesischen Prinzessin Turandot, deren Hass Legionen von blaublütigen Männerköpfen zum Opfer fallen, bietet sich nicht gerade als idealer Stoff für ein Kindertheater an. Umso erstaunlicher, mit welcher Sensibilität das verdienstvolle Düsseldorfer Kontrapunkt-Theater in der Regie von Frank Schulz die Geschichte kindgerecht aufarbeitet, ohne in einen kindischen Tonfall zu stolpern, so dass man den Besuch mit Kids ab fünf Jahren durchaus wagen kann.

Der Raum des Jungen Schauspielhauses bietet ideale Voraussetzungen für das einstündige Projekt. Drei Ecken des Hauptraums werden bespielt. Eine labyrinthartig verschlungene Lauffläche durchzieht den Zuschauerraum, so dass die jungen Besucher mitten im Geschehen sitzen und auch kräftig mitmischen können. Sie dürfen klatschen, Geräuschinstrumente bedienen und vieles mehr. Dass das Ganze nicht zum munteren Kindergeburtstag entgleitet, ist der feinfühligen Darstellung durch die quirlige Schauspielerin Susanne Bieker zu verdanken, die als Moderatorin zugleich die Funktionen der Minister und anderer Figuren einnimmt, die singt und auf der Gitarre sich selbst und ihre Mitspieler begleitet. Sie spricht leise, behutsam und kann auch die blutrünstigen Absichten der Prinzessin so geschickt vermitteln, dass den Kindern zwar der Mund offensteht, aber niemand in Panik geraten muss.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Dazu trägt auch die Prinzessin selbst bei, die zwar, in ein prächtiges goldenes Gewand gehüllt, durch Seile eingesponnen, in einer Ecke wie eine Spinne verharrt. Der Schrecken verliert sich durch den Gesang der Sopranistin Susanne Geb, die die Literatur wie eine chinesische Nachtigall munter von den Hojotoho-Rufen der Walküre über Mozart, Schubert und Verdi bis hin zu Puccini durchpflügt. Pfiffig begleitet von fantasievollen Klängen, die Benjamin Leuschner nach Vorgaben von Rudi Genbrugge auf einem ganzen Arsenal skurriler Instrumente vom Tischharmonium bis zum Vibraphon und zur stark verzerrten E-Gitarre ausführt.

Foto © foh

Der „fremde Prinz“, dem Turandot am Ende erliegt, gesungen von Wolfram Wittekind, greift sämtliche Liebesarien von Tamino über Don José bis zu Calaf auf, bevor sich das Paar zum Duett aus Bernsteins West Side Story vereinigt. Allerdings nicht, bevor der Prinz drei Rätsel lösen muss. Die sind freilich nicht so abstrakt gestrickt wie in Puccinis Oper, sondern zielen auf die Lösungsworte „Schneemann“, „das Nichts“ und „Herz“.

Eine Stunde dauert das wirklich kindgerecht gestaltete Vergnügen. Die Kinder der Premierenveranstaltung haben ihren Spaß.

Pedro Obiera