Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

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Der große Moment des Halleluja - alle Fotos © Opernnetz

Aktuelle Aufführungen

Beflügelt ins Neue Jahr

MESSIAH
(Georg Friedrich Händel)

Besuch am
31. Dezember 2015
(Einmalige Aufführung)

 

 

Johanneskirche Düsseldorf

Es ist das Letzte, was die Johanneskirche zu bieten hat. Zumindest für das Jahr 2015. Mit großem Aufwand hat Kantor Wolfgang Abendroth ein Silvesterkonzert organisiert. Georg Friedrich Händels Oratorium Messiah hat er auf den Programmzettel gesetzt. In englischsprachigen Ländern wird das Werk – auch in verkürzter Form – sehr viel häufiger aufgeführt; gerne zur Advents- oder Osternzeit. In Düsseldorf will Abendroth das Jahr mit dem großen Hallelujah beschließen und hat um der größeren Authentizität willen gleich mal den Reading Festival Chorus eingeladen, der gemeinsam mit dem Chor der Johanneskantorei auftritt. Hinzu kommen das Orchester der Kantorei in historischer Aufführungspraxis und vier Solisten.

Es herrscht eine entspannte Stimmung in der nahezu vollbesetzten Kirche. Eine wundervolle „blaue Stunde“, jener Zeitpunkt zwischen Dämmerung und endgültigem Einbruch der Nacht, hat die Anreise versüßt. In das allgemeine Gemurmel hinein ertönt die Sinfonia, und das Geschwätz verklingt in hoher Konzentration. Statt technisch aufwändiger Übertitel gibt es ein Programmheft, in dem neben dem englischen Originaltext auch gleich die deutsche Übersetzung mitgeliefert wird. Davon wird reger Gebrauch gemacht, obwohl der Gesang in seltener Klarheit erfolgt.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Dazu tragen insbesondere die vier Solisten bei. Herausragend Countertenor Alex Potter, der in wunderbarer Phrasierung seine Stimme zum eigenen Instrument entwickelt. Tenor Markus Brutscher braucht kurzen Anlauf, ehe er das Publikum mit dramatischem Impetus fesselt. Rolf A. Scheiders Bass-Bariton füllt mühelos den Kirchenraum. Und Theresa Nelles, die als Spezialistin für Kirchenmusik gilt, beweist ihr Können mit auch in der Höhe verständlichen Texten.

Markus Brutscher als Tenor des Oratoriums - Foto © Opernnetz

Der Chor in der Einstudierung von Edward-Rhys Harry und Wolfgang Abendroth entwickelt jenen majestätischen Glanz, der schon Georg II veranlasst haben soll, beim Halleluja vor lauter Begeisterung aufzuspringen. Ein Brauch, der sich bei den Angelsachsen zur Tradition entwickelt hat, in Düsseldorf aber kaum bekannt zu sein scheint. Auch mitzusingen ist des Deutschen Angelegenheit allenfalls, wenn Gotthilf Fischer auf einer Bühne vor ihm steht. In der Kirche überwiegt die schweigende Andacht angesichts einer großartigen Leistung.

Während das Orchester weitgehend autark spielt, widmet sich Abendroth mit umso größerer Intensität der Chorführung. Der überbordende Einsatz des musikalischen Leiters mündet in die ausgefallene Situation, dass das Orchester bisweilen in der Stimmgewalt des Chores untergeht.

Nach guten zwei Stunden ist das Publikum zu Recht der Auffassung, dass alle Beteiligten zu einer wahren Messias-Feier beigetragen haben, und will nicht aufhören zu applaudieren. Eine Zugabe des Halleluja sorgt für stürmische, stehende Ovationen – leider deshalb, weil viele Besucher eigentlich schon im Aufbruch begriffen sind. So kurzweilig und glanzvoll ist ein Jahr selten zu Ende gegangen.

Michael S. Zerban

Opernnetz wünscht allen Besucherinnen und Besuchern ein frohes Neues Jahr!