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Beste Freunde

ORIGINALKLANG
(Cecilia Bartoli/Rolando Villazón)

Besuch am
8. Dezember 2015
(Einmaliges Konzert)

 

 

Berliner Philharmoniker

Seit fast dreißig Jahren behauptet sich Cecilia Bartoli unangefochten und auf höchstem Niveau auf den Opern- und Konzertbühnen der Welt. Anders Rolando Villazón. Der mexikanische Tenor hat in seiner gegen sie vergleichsweise jungen Karriere schon heftige stimmliche Einbrüche erlebt. Von ihnen hat er sich noch nicht so recht erholt, versucht aber tapfer, an seine frühere Form anzuknüpfen.  Publikumslieblinge sind sie beide: Sie gehen in ihren Rollen auf und sind voll unbändiger Sangeslust, die sich unmittelbar auf die Zuhörer überträgt. Nun befinden sich diese Ausnahmekünstler erstmals gemeinsam auf Tour. Amsterdam, Paris, London, Brüssel heißen unter anderem die Stationen. In Berlin machen sie in der Philharmonie als Gäste der Berliner Philharmoniker im Rahmen der Reihe Originalklang halt.    

Originalklang: Dafür bürgt zunächst das Orchestra La Scintilla an der Oper Zürich mit seiner Konzertmeisterin Ada Pesch. Das Alte-Musik-Ensemble trägt die Sänger auf Händen, atmet mit ihnen, gibt aber auch eigene Impulse. Die Ouvertüren von Mozart und Rossini sowie das Oboenkonzert von Bellini sind keine Füllsel, sondern so luftig, spritzig und delikat musiziert, dass sie pures instrumentales Vergnügen zwischen den mit Spannung erwarteten Gesangsnummern bereiten. Gleich in der eröffnenden Konzertarie von Mozart demonstriert Cecilia Bartoli mit einem verblüffenden Spektrum an Finessen, Farben, Dynamik- und Tonschattierungen höchste Gesangskunst. In Rossinis Cenerentola führt sie dann ihre schier grenzenlose Koloraturtechnik vor und entfacht ein virtuoses, hoch artifizielles Feuerwerk, das Staunen macht.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

So überlegen spricht Rolando Villazóns Tenor nicht an. Anfangs, in einer weiteren Konzertarie von Mozart, entfaltet sich die Stimme nur schwer, später gibt es bange Momente, wenn ihm bei Nemorinos Una furtiva lagrima die Höhe bricht. Doch Villazón steckt die vokale Schwäche weg, zeigt unbedingte Willenskraft und singt mutig weiter, ohne dass er sich etwas anmerken lässt. Und tatsächlich klingt er in der Bellini-Romanze nach der Pause ausgeruhter, freier und phrasiert elegant. Bei den Duetten ist er dann völlig in seinem Element. Denn in den mitreißend gestalteten Szenen treffen zwei Temperamentsbündel und begnadete Ausdruckssänger aufeinander, bei denen jede Geste, jeder Blick sitzt und doch immer spontan und nie einstudiert wirkt. Mozarts La ci darem la mano ist vokale und mimische Verführung pur, Donizettis Liebestrank ein köstliches Spiel der Gefühle und schließlich Rossinis Otello Belcanto-Drama voller Leidenschaft.

Drei Zugaben gewähren die beiden Künstler dem enthusiasmierten Publikum, jede ein Kleinod für sich: die italienische Kanzone Non ti scordar, Rossinis La Danza und Lehárs Lippen schweigen bringen die Stimmung in der restlos ausverkauften Philharmonie endgültig zum Sieden.

Karin Coper