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Alle Fotos © Vincent Stefan

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Intellektuelles Pasticcio

MORD AN MOZART
(Berliner Staatsoper)

Besuch am
28. Januar 2016
(Uraufführung)

 

 

Staatsoper Berlin

Ein englisches Sprichwort besagt „you can’t please everybody, so don’t even try“. Aber gerade diesen Wunsch, allen zu gefallen und dieses auch so probieren, will dieses zusammengestückelte Werk mit dem Untertitel „eine relative Vernichtungstheorie“.  Alleine schon die Benennung der Verantwortlichen nimmt im Porgrammheft fast eine Seite ein:  Musiktheater von Annika Haller, Elisabeth Stöpler, Max Renne und Jens Schroth, mit Mozart und Salieri von Nikolai Rimsky-Korsakow und Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, Dmitri Schostakowitsch und David Robert Coleman, sowie Texten von Fjodor Dostojewskij, Albert Einstein und Sigmund Freud. Und dann kommt erst der Rest der Besetzung.

Es wäre ja auch nicht so schlimm, wenn das Resultat ein zusammenhängender Abend würde, man darf ja heutzutage das Wort „unterhaltend“ nicht mal denken.  Aber leider ist es nur eine Abfolge von poetischen, zum Teil ästhetisch ansprechenden Bildern. Die Botschaft gegen Gewalt und, dass das Genie von Mozart uns alle überleben wird, geht trotz ständigen Anprangerns unter.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Ursprüngliche Inspiration war wohl das kurze Stück Mozart und Salieri von Nikolai Rimsky-Korsakow nach einer Erzählung von Puschkin. Wie aktualisiert man die Theorie der Vergiftung von Mozart durch Salieri? Bekanntlich hatte ja Salieri – in seiner Zeit ein ebenso großer wie bekannter Komponist – Mozart auch kennengelernt. Per Definition sind Mord und Vergiftung Akte voller Gewalt. Daraus hat das Regie-Team ein Sammelsurium an Ideen geschaffen:  Die Atombombe, die psychologische Deutung von Gewalt und Krieg anhand des Briefwechsels zwischen Freud und Einstein, sogar Zitate aus dem Großinquisitor von Dostojewski, wo Jesus von der Kirche bekämpft wird.

Foto © Vincent Stefan

Dank der großartigen Leistung der Sänger und Schauspieler rettet sich das Stück über fast zwei pausenlose Stunden hinweg.  Bariton Roman Trekel verkörpert den von Eifersucht zerfressenen Salieri lebensecht.  Tenor Stephan Rügamer gibt einen verschmitzten Mozart, der sich bewusst ist, dass er unsterblich ist, auch wenn er sich oft am Boden räkeln muss. Schauspielerin Angela Winkler kleidet ihre vielen Rollen als Freud, Erzähler, Großinquisitor und Beuys-Hirte mit eleganter Klarheit.

Max Renne leitet das Kammerorchester, das sich hinten auf der Bühne befindet und entsprechend dem gerade auf der Vorderbühne gespielten Stück ohne oder hinter dem Vorhang zeigt. So ist die Akustik von Fall zu Fall beeinträchtigt. Glänzend das Streichquartett, angeführt von Sophie Heinrich, das während der Dostojewskij-Lesung das Schostakowitsch Streichquartett Nr. 8 c-Moll opus 110 und anschließend die Kammersinfonie c-Moll opus 110 a spielt.  Sinnigerweise ist dieses Kapitel Roman versus Kammersinfonie und Streichquartett betitelt.

Die von David Robert Coleman überarbeiteten Mozart-Requiem-Passagen werden als „Filtrage“ vorgetragen.  Auch hier nicht nur die Bühnenmusiker mit Elektronik und Akkordeon, sondern dazu eine Einspielung der Tonaufnahme des Requiems von 1941, dirigiert von Victor de Sabata.  Bebildert von Atombombenprojektionen der Fotografin Anja Niedrighaus, während Angela Winkler als Beuys gekleideter Hirte die Bühne bewandert.

Da Mord an Mozart als „work in progress“ – Stückentwicklung – bezeichnet wird, verwundert es nicht, dass die aufgeführte Abfolge in letzter Minute abgeändert wurde und es noch ein „Erratablatt“ im Programmheft benötigt. Zu viele Köche, die sich nicht auf ein Rezept für den Brei einigen können?

Das Publikum reagiert mit höflichem Applaus, flüchtet aber rasch in die Nacht.

Zenaida des Aubris