Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Some alt text
Foto © Thomas M. Jauk

Aktuelle Aufführungen

Schauspielerlegenden

Comeback
(Oscar Strasnoy)

Besuch am
12. Oktober 2016
(Uraufführung am 30. September 2016)

 

 

Staatsoper Berlin, Werkstatt

In der vergangenen Saison spielte die Staatsoper im Schillertheater die Operette   Geschichte des argentinischen Komponisten Oscar Strasnoy, die das Leben des Schriftstellers Witold Gombrowicz während des Ersten Weltkriegs auf groteske, dabei höchst unterhaltsame Weise beleuchtete.

In Strasnoys neuem Bühnenwerk Comeback, das die Staatsoper nun ein Jahr später zur Uraufführung bringt, stehen wiederum bedeutende Persönlichkeiten im Zentrum. Es sind die Schauspieler Tilla Durieux und Emil Jannings. Ausgangsbasis ist der Monolog Tilla, den Christoph Hein für Inge Keller, die Grande Dame des Deutschen Theaters Berlin, schrieb. Dieses Sprechsolo weiten Schriftsteller und Komponist aus, indem sie Lebensstationen der Durieux mit solchen von Jannings verschränken.

Mit einer Fülle an biographischen Details werden die beiden Karrieren nachgezeichnet, die vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des so genannten Dritten Reichs ähnlich erfolgreich verliefen, dann aber aufgrund der politischen Lage auseinanderdrifteten. Denn während Durieux, die mit ihrem jüdischen Ehemann emigrieren musste, nach dem Krieg wieder an ihre früheren Triumphe anknüpfen konnte, erhielt der Theater- und Filmstar Jannings nach 1945 wegen seiner Verstrickungen mit dem Hitler-Regime Auftrittsverbot.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Oscar Strasnoy unterlegt das komplexe Netz aus biographischen Fakten und Gefühlszuständen mit einem Klangteppich aus pulsierendem Rhythmus und kurzen Ariosi mit Reminiszenzen an Unterhaltungsmusik der 1920-er und 30-er Jahre, der von den Musikern der Staatskapelle unter Leitung von Max Renne beherzt wiedergegeben wird. Einen historischen Zeitbezug stellen die Stummfilmausschnitte her, die ab und zu auf der Hinterwand flimmern – sie sind optisch am markantesten auf der ansonsten minimalistisch eingerichteten Bühne von Stephan von Wedel.

 

Foto © Thomas M. Jauk

Comeback ist ein mehrschichtiges Spiel über Ruhm und Vergänglichkeit, doch hat es ein Problem: Die Biographien von Tilla Durieux und Emil Jannings stehen im Grunde beziehungslos nebeneinander. Die Frage, was gerade die beiden Schauspieler miteinander verbindet, kann auch Ingo Kerkhofs Inszenierung nicht beantworten. Sie orientiert sich an Samuel Becketts Glückliche Tage, einer Parabel auf die menschliche Sterblichkeit und letzte Erinnerungen.

Wie Winnie, die weibliche Hauptperson in diesem Drama, ragt auch Tillas Oberkörper während der gesamten Aufführung aus einer Bodenöffnung. „Ich war einmal berühmt“, sagt sie ganz zart und ein bisschen verhuscht. Maria Husmann charakterisiert diese Tilla allein durch Mimik und Ausdrucksnuancen – eine fesselnde Singschauspielerin trotz der räumlichen Begrenztheit. Wenn sich ihre reife Stimme mit der lichteren von Josephine Renelt, die Tillas jugendliches Alter Ego verkörpert, im Duett vereint, gehört das zu den musikalisch eindringlichsten Momenten des Abends. Dem Jannings verleiht Ralf Lukas imponierende vokale und darstellerische Autorität, er zeigt aber auch die zerbrechlichen Seiten des dominanten Mannes, der am Ende, vom körperlichen Niedergang gezeichnet, im Rollstuhl sitzt.

Anerkennender, aber kurzer Beifall vom Publikum in der gut besuchten Werkstatt.

Karin Coper