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Mehr Gedenk- als Geburtstagsfeier

JUBILÄUMSKONZERT FÜR BEETHOVEN
(Ludwig van Beethoven)

Gesehen am
17. Dezember 2020
(Livestream)

 

Oper Bonn

So bunt es am vermeintlichen Geburtstag Ludwig van Beethovens im Bonner Telekom-Forum zugegangen ist, so getragen und ernst begeht man am offiziellen Jubiläumstag in der Bonner Oper das 250. Wiegenfest des Komponisten. Der Bundespräsident schickt aus dem fernen Berlin eine Videobotschaft mit der ebenso bekannten wie zutreffenden Erkenntnis, dass Beethovens Einsatz für Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Freiheit alle Menschen anspreche. Während der Rede nehmen die Musiker des West-Eastern Divan Orchestra auf der Bühne der menschenleeren Bonner Oper Platz. Schwarz gekleidet, mit Abstand und weißen Masken verhüllt, die die Streicher auch während des Spiels nicht abnahmen, stellt sich eine Stille wie zu Beginn einer Trauerfeier ein. Auch als Daniel Barenboim zum Klavier schreitet, drückt seine Miene eher Bedrückung aus als Freude über den Geburtstag des Meisters.

Im Grunde passt die Stimmung nicht zu der Energie, die die jungen Musiker des israelisch-arabisch besetzten Orchesters im Laufe des Abends versprühen. Und dass die Bühne nicht vollends mit einer Trauerhalle verwechselt werden kann, dafür sorgen einige dezent blaue Lichterketten. Und natürlich die Musik. Mit dem 3. Klavierkonzert und der 5. Symphonie besticht das Programm zwar nicht durch besondere Originalität. Aber mit seriösen Interpretationen zweier bedeutender Werke in voller Länge und ohne Bearbeitungsmätzchen wird man dem Komponisten weit eher gerecht als mit dem zirzensischen Sammelsurium, das am Abend zuvor das Telekom-Forum erfüllte.

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Und seriös sind die Vorträge allemal. Man hört dem Orchester, das sich seit seiner Gründung vor 21 Jahren zu einem top-professionellen Ensemble entwickelt hat, in jedem Takt an, dass Daniel Barenboim die Gründung und Betreuung des Orchesters als seine wichtigste künstlerische Lebensleistung ansieht. Entsprechend viel Herzensblut steckt er in die Aufgabe. Und beide Werke gelingen auf entsprechend hohem orchestralem Niveau. Dass Barenboim mit seinen mittlerweile 78 Jahren trotz seiner vielfältigen Verpflichtungen und Aktivitäten auch am Klavier noch immer eine Menge zu sagen hat, unterstreicht den Rang des Künstlers. Barenboim pflegt ein im positiven Sinne „konservatives“ Beethoven-Bild ohne die Ruppigkeiten oder Extreme des Currentzis-Lagers, fächert seine Parts als Solist und Dirigent mit abgeklärter Überlegenheit auf und bevorzugt moderate Tempi, die eine sorgfältig ausgearbeitete Artikulation und Phrasierung erlauben. So dass sowohl das Klavierkonzert als auch die 5. Symphonie die Größe des Komponisten erahnen lassen, was man tags zuvor vermissen musste.

Auf der Bühne begnügt man sich mit den beiden Werken, verzichtet auf Kommentare und optisches Beiwerk. Man lässt die Musik für sich sprechen, was die Kameraführung auch geschickt und mit vielen Perspektivwechseln unterstützt.

Außerhalb der Bühne überbrückt Daniel Hope, Präsident des Bonner Beethoven-Hauses, die kurze Umbaupause mit einigen knappen Statements von Barenboim und Malte Boecker, dem künstlerischen Leiter der Beethoven Festival GmbH, der sich glücklich über den Auftritt der prominenten Gäste äußert, auch wenn das Beethoven-Jahr natürlich ganz anders verlaufen ist als geplant. Aber einiges soll im nächsten Jahr nachgeholt werden.

Pedro Obiera