O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Chris06

Kölner Fest für Alte Musik 2018

Kometen und Feuersbrünste

WUNDERZEICHEN
(Exquisite Noyse, Cora Schmeiser)

Besuch am
12. März 2018

 

Kölner Fest für Alte Musik, Sancta-Clara-Keller

Zu den Besonderheiten des Kölner Festes für Alte Musik gehört die Vielfalt ungewöhnlicher historischer Spielstätten, an denen es in der Römerstadt nicht mangelt, auch wenn sie für auswärtige Gäste nicht immer leicht zu finden sind. Von der wenig gastfreundlichen Parksituation ganz zu schweigen. Hat man jedoch, so wie jetzt, durch das Gassengewühl des Stadtzentrums zum Sancta-Clara-Keller gefunden, wird man oft mit beeindruckenden Erlebnissen belohnt. Der Sancta-Clara-Keller ist das mächtige Kellergewölbe des 1306 eingeweihten Klarenklosters, das 1835 von einem klassizistischen Palais überbaut wurde, das heute als Büro- und Wohngebäude dient.

Das Gewölbe eignet sich mit seinen hervorragenden akustischen Qualitäten ideal für kleiner besetzte Konzerte. Und wenn das Streicherensemble Exquisite Noyse und die Sopranistin Cora Schmeiser in Wort und Ton an „Wunderzeichen“ erinnern, die in alten Zeiten als göttliche Warnungen oder Hoffnungsbotschaften gedeutet wurden, wirkt der Raum wie ein Schutzraum vor himmlischen Feuersbrünsten und Kometeneinschlägen.

Unter dem Motto Wunderzeichen präsentieren die Musiker eine gut einstündige Revue aus Gesängen, Instrumentalstücken, Gedichten und historischen Zeugenberichten, die hauptsächlich von den Ängsten der Menschen vor den unerklärlichen Erscheinungen zeugen. Im Zentrum stehen vornehmlich Zeugnisse aus dem 14. bis 16. Jahrhundert, von denen man gern ein wenig mehr erfahren hätte. Aber das schlichte Programmblatt enthält weder die Gesangstexte noch Informationen zu den Musikern. Auch ungebräuchliche Begriffe wie Bassvioline bedürften einer Erklärung.

Das klug strukturierte Programm durchzieht wie ein roter Faden das in drei Teile portionierte, groß angelegte Miserere des Nestors der niederländischen Vokalpolyphonie, Josquin des Prez. Klagegesänge, die die Stimmung der von Kriegen und Katastrophen gebeutelten Bevölkerung eindrucksvoll zum Ausdruck bringen. Cora Schmeiser und die vier Streicher lassen es in ihrer stilsicheren Interpretation nicht an Ausdrucksintensität mangeln, wobei die Sopranistin die verwinkelten Räumlichkeiten nutzt, um aus unterschiedlichen Positionen zu singen. Das Ergebnis sind Klänge wie aus fernen Welten.

Ergänzt wird das programmatische Hauptwerk durch Gesänge von Orlando di Lasso, Claude le Jeune und etlichen anonymen Meistern. Was Ausdruck und Stil angeht, sind sich die Beiträge recht ähnlich, so dass auch einige tänzerische Instrumentaleinlagen die einheitlich gedrückte Stimmung der Gesänge nur bedingt auflockern können. Was die Leistung der Sängerin und der vier Streicher – Paula Kibildis an der Violine, Daniel Lind und Zsuzsanna Czentnár spielen Violen sowie Johannes Loescher an besagter Bassvioline – natürlich nicht schmälert. Zumal der zeitliche Rahmen geschickt eingegrenzt wird.

Viel Beifall für ein Konzert, das durch seine besondere Atmosphäre gefällt und entsprechend großen Beifall erntet.

Pedro Obiera