O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

DVD

Packender Opernthriller

Es hat schon was, wenn Oper nicht für die Bühne, sondern für das Kino inszeniert wird. Benoit Jacquot machte das so und schuf mit Giacomo Puccinis Tosca einen packenden Opernfilm, schon 2001, der als DVD bei Arthaus Musik erschienen ist.

Geprägt von großer Ästhetik in großartigem, traditionellem Dekor, einer riesigen Kirche, einem prunkvollen Saal mit brennendem, offenem Kamin im zweiten Akt und auf der Plattform der Engelsburg in Rom zum Finale, die Bühne stammt von Sylvain Chauvelot, sowie in sehr geschmackvollen, historisierten Kostümen, die von Christian Gasc erdacht wurden, zeigt Jacquot in detaillierter und ideenreicher Regie einen spannenden Opernthriller. Jacquot nützt dabei nicht nur die Totalaufnahme, sondern auch sehr oft die Großaufnahme, die so weit geht, dass man teils auch nur noch die wütenden Augen des römischen Polizeichefs Scarpia sieht. Er lässt die Protagonisten bei dieser Playback-Aufnahme fallweise auch nur schweigen oder nur die gesungenen Worte der Aufnahme zusätzlich bei ihren persönlichen Gedanken sprechen. Von dieser sieht man immer wieder Ausschnitte aus dem Studio nur in Schwarzweiß. Zudem werden auch immer wieder Aufnahmen von den Originalschauplätzen, wenn von ihnen die Rede ist, bewusst nur in grobkörniger Farbe gezeigt.

Dass das filmische Unternehmen aber so gelungen ist, ist aber auch der Tatsache zuzuschreiben, dass der Regisseur Singschauspieler ersten Ranges zur Verfügung hat, die zum Zeitpunkt der Aufnahme auch alle in Saft und Kraft am sängerischen Zenit standen. Allen voran bietet Ruggero Raimondi einen Scarpia zum Niederknien: Undurchsichtig, verschlagen, abgründig, mit eiskalten, bösen Augen, mit grausamer, aber auch lüsterner Mimik gibt er einen Polizeichef zum Fürchten. Er singt ihn mit schwarzer Brutalität, aber auch baritonaler Eleganz. Besonders radikal wird dabei auch die Folterszene und voll packendem, brutalem Realismus der Mord gezeigt, begangen durch die Titelheldin, die diesen mit besonders expressiven „Mori, Mori“ – „Stirb, stirb“ Schreien verstärkt. Sie wird von Angela Gheorgiu mit aller Leidenschaft, Liebe und Verzweiflung und allen Spitzentönen gespielt und gesungen. Besonders gefühlvoll gelingt ihr die Arie Vissi d’arte. Ihr zur Seite ist mit Roberto Alagna ein schmelziger, höhensicherer Cavaradossi gefunden, der das „Vittoria!“ strahlend schmettern kann und mit seiner Parade-Arie É lucevan le stelle begeistert. Erwähnenswert von den vielen, kleineren Rollen sei noch besonders Maurizio Muraro als kerniger, geflüchteter Angelotti erwähnt. Der Chor des Royal Opera House, Covent Garden London, von Terry Edwards einstudiert, und der Tiffins Boys Choir, von Simon Toyne eingewiesen, dürfen besonders im Te Deum sehr klanggewaltig auftrumpfen.

Spektakulär und prächtig musiziert auch das Orchester des Royal Opera House Covent Garden London. Der am Pult stehende Antonio Pappano schafft es, viele zündende Funken und eine fast permanente, ja oft sogar siedend ausgereizte Hochspannung zu erzeugen.

Helmut Christian Mayer