O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Residenz Würzburg - Foto © Henry Kellner

Hintergründe

Auf hohem Niveau

Pianist und Intendant Alexander Fleischer sowie Veranstalter Steffen Zeller vom Tonkünstlerverband stellen seit sechs Jahren in Würzburg ein Festival auf die Beine, dass den Vergleich mit den bisherigen Liedhochburgen im deutschsprachigen Raum wirklich nicht scheuen muss. Sowohl die Crème de la Crème des Liedgesangs als auch Newcomer, die am Beginn der internationalen Karriere stehen, treffen hier aufeinander. In diesem Jahr findet das Festival Lied vom 5. bis 16. März statt.

Würzburg? Lied? Na klar! Titanen der Liedgestaltung sind oder waren an der Hochschule für Musik in Würzburg tätig: Gerold Huber, ein Liedbegleiter der ersten Reihe, kongenialer Partner von Christian Gerhaher, Diana Damrau, Günter Groissböck und vielen anderen, hat seit 2013 hier die Stelle als Professor für Liedbegleitung inne. Gemeinsam mit Alexander Fleischer betreut er die Liedklasse an der Würzburger Musikhochschule – die im Übrigen auch einen Abend des Festivals gestaltet – feilt mit jungen Duos an Kunstliedern und bereitet sie auf das Konzertleben vor. Fleischer hat 2020 das Festival Lied ins Leben gerufen. Bereits im Studium ging der Weg des Pianisten in Richtung Kunstlied, bei Wolfram Rieger studierte er Liedbegleitung und holte sich Anregungen bei Fischer-Dieskau, Irwin Gage und anderen. Ganze elf Jahre war er künstlerischer Assistent bei Thomas Quasthoff an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin, um dann 2015 als Dozent in Würzburg zu landen und hier das Festival zu gründen. Mittlerweile ist er Professor für Liedgestaltung in Trossingen, bleibt aber als Intendant mit dem Festival verbunden. Huber ist hierbei immer wieder gern gesehener Gast. Als Schirmherrin des Ganzen konnte keine Geringere als Diana Damrau gewonnen werden, Bayerische Kammersängerin und Würzburger Kulturpreisträgerin, die hier studiert hat und nach Anfängen am Mainfrankentheater nun in der ganzen Welt zuhause ist. Sie unterstützt das exquisite Festival aus Überzeugung. Einen Förderkreis gibt es seit einigen Jahren auch, dem gute Bekannte aus dem Würzburger Hochschulleben angehören: Rudolf Ramming als Vorsitzender, Jörg Metzger, Martin Hummel und andere.

Gute Vernetzung schafft Kontakte

Natürlich ist bei einem solchen Umfeld der Kontakt zu den Sängern relativ einfach herzustellen. Und so findet man hier Namen, für die man sonst schon weit reisen muss. In den vergangenen Jahren traf man hier auf Christoph Prégardien, Anne Schwanewilms, Christiane Karg, Johann Kristinsson, Julia Kleiter, Manuel Walser, Nikola Hillebrand, Jochen Kupfer und schon lange, bevor er mit Preisen überhäuft worden ist: Konstantin Krimmel. Als Begleiter eben Huber, Fleischer, aber auch Jonathan Ware oder Rieger. Das sind Namen, für die man sonst zum Heidelberger Frühling oder zur Schubertiade in Schwarzenberg und Hohenems nach Vorarlberg fährt, hier trifft man viele der Interpreten hautnah. Und das zeichnet das Würzburger Festival zusätzlich aus: Publikum und Sänger kommen sich ganz nahe. Gerne steht man nach den Konzerten noch auf ein Gläschen Wein zusammen, kann mit den Künstlern in ungezwungener Atmosphäre ein paar Worte wechseln, die eindeutig über das normale Geplänkel hinausgehen. Auch die Veranstaltungsorte lassen sich sehen: Mit dem im florentinischen Stil bemalten Toscanasaal der Würzburger Residenz steht ein Kleinod zur Verfügung, aber auch im Saal der Domschule, dem Burkardushaus, in der Theaterhalle am Dom und im Kulturspeicher finden sich interessante Spielstätten.

Meisterkurse zur Förderung des Nachwuchses

Alexander Fleischer und Christoph Prégardien – Foto © Katharina Gebauer

Jeweils parallel zum Festival finden Meisterkurse für junge Liedduos statt. In der Vergangenheit wurden die unter anderem von Thomas Quasthoff oder Anne Schwanewilms mit großem Einsatz geleitet. In diesem Jahr kommt hierfür Wolfram Rieger, eine Teilnahme ist aktiv oder passiv und ebenso als Zuhörer möglich. Innerhalb des Festivals gibt Rieger mit Mezzosopranistin Marie Seidler ein Konzert mit Liedern des frühen 20. Jahrhunderts. Christoph Prégardien macht den Anfang mit Schubertliedern, es folgen Sarah Maria Sun, Mirella Hagen singt mit Harfenbegleitung von Schubert bis Strauss. Kieran Carrel gibt die selten aufgeführte Serenade für Horn und Tenor von Benjamin Britten zu Gehör. Lieder von Luciano Berio, Kurt Weill, Svyatoslav Lunyov stehen auf dem Programm von Sopranistin Viktoriia Vitrenko. Evelina Dobračeva und Nikolay Borchev singen russische Lieder, um nur wenige der interessanten Programmpunkte zu nennen.

Förderung durch öffentliche und private Mittel

Man fragt sich natürlich, wie sowas geht, hat halbleere Säle mit durchwegs grauen Köpfen im Sinn. Aber weit gefehlt! Fleischer und seine Mitstreiter schaffen es tatsächlich, über das übliche Publikum hinaus viele Menschen anzusprechen und geben auch Studierenden eine günstige Möglichkeit, sich die Konzerte anzuhören. Nicht zuletzt ist das sicherlich den äußerst moderaten Ticketpreisen geschuldet. Mit 120 Euro für die Dauerkarte und 27 Euro für das einzelne Konzert bewegt sich das Festival im unteren Bereich dessen, was sonst gute Qualität kostet. Ein Drittel der anfallenden Kosten wurde im letzten Jahr durch den Ticketverkauf gedeckt. Dazu kommen öffentliche Mittel, so dass grüne Zahlen geschrieben werden.

Vielleicht ist es aber auch der Anspruch von Intendant Fleischer, nicht „einfach“ eine Reihe von Liedern aneinander zu reihen – außer bei vorgegebenen Zyklen – sondern die Künstler aufzufordern, mit ihrem Vortrag eine Geschichte zu erzählen respektive ein Thema vorzustellen. So haben die Konzerte Überschriften wie Durch täuschend entlegene Ferne, In Lust und Schmerzen, Zwischen Himmel und Erde und Unheavenly lullabies. Interesse geweckt? Hier kann man das vollständige Programm einsehen. Und Würzburg bietet neben der Residenz ja noch so viele Anreize in der Stadt und der weiteren Umgebung, in der die herrlichsten Ortschaften mit Main und Wein locken.

Jutta Schwegler