Kulturmagazin mit Charakter
Hintergründe
Unter dem Motto „Lorbeeren“ stehen die diesjährigen Internationalen Händel-Festspiele Göttingen, die vom 16. bis 25. Mai in Göttingen und Umgebung stattfinden. Die Organisatoren vor Ort freuen sich darüber, dass George Petrou seinen Vertrag als Künstlerischer Leiter der Festspiele vorzeitig bis einschließlich 2031 verlängert hat. Zusammen mit dem Geschäftsführenden Intendanten Jochen Schäfsmeier präsentierte er jetzt das ambitionierte und vielfältige Festspielprogramm.
George Petrou – Foto © FreddieF
Der dabei gespannte Bogen verspricht ein erlesenes Repertoire von der Renaissance bis zum zeitgenössischen Jazz. Für Spannung und Nervenkitzel sorgt dabei Händels Oper Tamerlano, die am 17. Mai Premiere feiert. Schon am Vortag dürfen sich die Musikfreunde auf chorische Klanggewalt in seinem Oratorium Solomon freuen und die bereits aus Aufführungen vergangener Jahre bestens bekannte Mezzosopranistin Ann Hallenberg lässt ihre stimmliche Brillanz in einer Operngala am 22. Mai leuchten. Neben diesen Höhepunkten stehen wieder zahlreiche Kammer- und Kirchenkonzerte sowie Vorträge auf dem Programm und – Nachwuchsförderung ist immer wichtig – auch für den Nachwuchs haben die Macher ein buntes und prall gefülltes Programm zusammengestellt.
Thematisch geht es um Ruhm und Ehre, um Macht und Pracht. Um die Lorbeeren, die man sich stets aufs Neue verdienen muss, statt sich auf ihnen auszuruhen. Aber politische Macht hat auch ihre Schattenseiten, wie viele aus den momentanen weltpolitischen Dissonanzen lernen. Auch das hat Tradition, wie die Zuschauer in der Festspieloper Tamerlano lernen, die den Bogen vom späten Mittelalter bis in unsere Zeit spannt. Regisseurin Rosetta Cucchi schildert Tamerlano, den wir vielfach als Timur kennen, den Emir und militärischen Führer des nach ihm benannten Timuridenreichs. Ein „Mann, der eingeschlossen ist in seiner Macht; der Prototyp eines Diktators, in welcher Zeit man ihn auch verortet“. Er wird in Göttingen durch Lawrence Zazzo, dem „König der Countertenöre“ verkörpert. Ebenfalls royal ist der alttestamentarische König Solomon, dem die Altistin Lena Sutor-Wernich ihre Stimme leiht. Hallenberg gilt weltweit als Händel-Koryphäe und möchte das Publikum im Galakonzert mit einem bunten Reigen von Händels bekanntesten Arien aus Opern wie Julius Cäsar und Ariodante bezaubern, die George Petrou mit dem Festspielorchester Göttingen durch Vivaldis Concerti ergänzt.
Schon im Vorfeld des Festivals zahlte sich am 340. Geburtstag Händels am 23. Februar die Unterstützung junger Musiker durch das Residenz-Projekt Händel goes regional aus, bei dem das Wiener Ensemble Freymut eine Woche lang zusammen mit Musikpädagogen und einer Schulklasse in der alten Hansestadt Duderstadt ein musikalisches Programm erarbeitete.
Neben einem Konzert in Duderstadt und einem Ständchen zum Geburtstag Händels in Göttingen mit Musik von Bach, Telemann, Haase und dem Geburtstagskind werden die Musiker am 17. Mai im Historischen Rathaus Duderstadts mit dem Programm Les Nations zu erleben sein, bei dem sie die internationale stilistische Vielfalt der Barockmusik präsentieren.
Bei strahlendem Sonnenschein und den ersten sprießenden Frühlingsblumen auf dem Wilhelmsplatz war das Geburtstagskonzert fast eine Einladung zur zeitgleich stattfindenden Bundestagswahl. Die jungen Musiker Ching-Yao Wang und Elisabeth Haberl an der Flöte, Maria Danneberg an der Viola da Gamba und Sobin Jo am Cembalo stammen aus Österreich, Taiwan und Korea und haben sich in Wien zusammengetan. Das Programm der Matinee war spannend zusammengestellt und ließ teilweise das ganze Ensemble und manchmal nur die zwei Flöten oder das Cembalo erklingen. Beeindruckend dabei vor allem ein Stück des Bach-Sohns Wilhelm Friedemann, das den beiden Flötisten die Gelegenheit bot, sich im virtuosen Spiel quasi die Bälle zuzuwerfen und durch ihre stimmliche Brillanz zu glänzen. Sehr gut gewählt waren auch die dominierenden Triosonaten, bei denen die beiden von den Flöten getragenen Oberstimmen mit der Viola da Gamba als Bassstimme und dem begleitenden Cembalo zu hören waren. Die verwendeten Traversflöten waren Nachbauten aus der Entstehungszeit der Musik. Klanglich beeindruckten die Flötisten mit angenehm weichem Klang, der die Alte Aula der Universität erfüllte und mit der Gamba und dem Cembalo als Continuo-Instrumenten harmonierte. Händels g-Moll-Sonate und die Cembalo-Suite Nr. 3 d-Moll boten auch Danneberg und Jo die Möglichkeit, ihre Virtuosität zu zeigen. Man darf sich auf das Konzert im Mai freuen.
Michael Ritter