O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

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Aktuelle Aufführungen

Peppige Nostalgie

UDO
(Dirk Stasikowski)

Besuch am
23. Juli 2020
(Premiere am 19. Juni 2020)

 

Stößels Komödie Wuppertal, Kulturzentrum Immanuel

Auf was der Sprecher, Sänger und Schauspieler Dirk Stasikowski sich eingelassen hat, ahnt er wohl gerade erst ansatzweise. Am Anfang stand eine gute Idee. Man könnte ja mal eine Udo-Jürgens-Show machen, schlug er als Mitglied des Ensembles der Stößels Komödie Wuppertal vor. Kristof Stößel ist der künstlerische Leiter und für kreative Ideen immer offen. „Na, mach doch“, wird er gesagt haben. Und vielleicht noch so was wie „wir unterstützen Dich da gern“ hinterhergesagt haben.

Im vergangenen Monat hatte die Show von Stasikowski ihre Premiere in ungewohntem Umfeld. Statt in Stößels Komödie trat er nämlich im Kulturzentrum Immanuel auf. In die ehemalige Kirche war Stößel ausgewichen, um Aufführungen zeigen zu können, für die es im eigenen Theater keinen Platz gibt. Ein schöner Ort, der vor allem für rund 60 Besucher geeignet ist. Zunächst, also auch bei der Premiere von Udo, waren die Berechnungen von rund 100 Zuschauern ausgegangen, was sich aber nicht als praxistauglich erwies. Die Empore mag für Gottesdienst-Besuchern geeignet gewesen sein, die sich auf das Wort Christi eingelassen haben. Die Sicht ist allerdings eher bescheiden. Also bleibt es dabei, die Bestuhlung im Kirchenraum zu besetzen. Und hier bleibt auch in der zweiten Aufführungsrunde kaum ein Platz frei.

Dirk Stasikowski und Teresa Stößel – Foto © O-Ton

Statt Komödie gibt es also den Abend, den Stasikowski Udo Jürgens gewidmet hat. Einem Mann der Superlative. Wer den österreichischen Sänger als „Schlagerfuzzi“ einordnet, hat schon verloren. Mehr als 1.000 Lieder hat er komponiert, viele davon selbst getextet. Und wer mehr darüber erfahren möchte, ist bei diesem Abend genau richtig. Die Bühne ist eher spartanisch eingerichtet. Vier Barhocker, Mikrofon- und Notenständer, rechts und links Plakate, die den Sänger in verschiedenen Karrierestufen zeigen. Später gibt es noch ein paar Projektionen. Den eigentlichen Zauber ruft Techniker Martin Jansen mit geringsten Lichtmitteln hervor. Bunt und vielfältig geht es da zu. Und gleich zu Beginn gibt es den ersten – und einzigen – Wermutstropfen: Die Musik wird im Playback eingespielt. Aber dem Publikum gefällt das genau so wie die lebhaften Schilderungen von Lebensstationen, die Stasikowski zwischen den Liedern einflicht. Schon nach den ersten drei Liedern eher unbekannter Natur nimmt der Abend mit Merci, Cherie, Griechischer Wein und Aber bitte mit Sahne richtig Fahrt auf. Das Publikum, obwohl zum Mitsingen und -tanzen aufgefordert, zeigt sich noch zurückhaltend, was aber wohl eher auf eine Verunsicherung aufgrund der Verhaltensmaßregeln zurückzuführen ist. Denn der Mann auf der Bühne hat schnell in seine Rolle gefunden und unternimmt alles, um die Menschen vor ihm für Udo zu begeistern. Es gibt Bilder aus Jürgens‘ privatem Umfeld zu sehen und Audioeinspielungen von Familien-Mitgliedern. Eine Dame aus dem Publikum wird auf die Bühne gebeten, um sich Bleib doch bis zum Frühstück vorsingen zu lassen. Zuvor gibt es mit Liebe ohne Leiden noch ein wunderbares Duett mit Teresa Stößel. Mit 17 Jahr, blondes Haar geht es schließlich schwungvoll in die Pause.

Ja, sogar eine Pause ist an dieser Spielstätte dank eines großzügigen Einbahnsystems und dem Umstand möglich, dass die Menschen sich in der Zeit im Freien aufhalten können. Wie bei anderen Aufführungen in dieser Zeit ist hocherfreulich, wie diszipliniert sich das Publikum verhält. Keiner, der glaubt, hier aus der Reihe tanzen zu müssen.

Nach der Pause zeigt sich, dass sich das Publikum zum großen Teil aus Stößel-Fans und weniger aus Jürgens-Fans zusammensetzt, denn als Kristof Stößel in seiner Paraderolle als Fabienne van Straten zum Duett I can, I will auf die Bühne kommt, erreicht die Party eindeutig einen Höhepunkt. Die Niederländerin van Straten bleibt dann auch gleich noch ein bisschen, um das Duett Gib mir deine Angst mit zu intonieren. Und dass zwischendurch Ich war noch niemals in New York an die Reihe kommt, treibt die Stimmung eindeutig weiter nach oben. Nach diversen Zugaben geht ein mehr als zufriedenes Publikum nach zweieinhalb Stunden nach Hause.

Dirk Stasikowski ist fern von jeglicher Imitation ein beglückender Abend gelungen, sowohl was die stimmlichen Leistungen als auch was die Show anbelangt, auf dessen angekündigte Fortsetzung – dann auch mit Live-Musik – man sich heute schon freuen darf. An den drei kommenden Tagen können Kurzentschlossene noch Karten für die Wiederholung dieser ersten Auseinandersetzung mit Udo Jürgens erwerben.

Michael S. Zerban