O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

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Aktuelle Aufführungen

Im Rausch der Melodien

VIKTORIA UND IHR HUSAR
(Paul Abraham)

Besuch am
23. Dezember 2018
(Premiere)

 

Komische Oper Berlin

Als die Komische Oper 2013 die Operette Ball im Savoy von Paul Abraham auf den Spielplan setzte, war die Begeisterung groß: über die überbordende Musik, das frech-frivole Libretto und die temperamentvolle Inszenierung von Barrie Kosky. Als Kontrast zu allem Trubel prägte sich eine Nummer besonders ein: das Walzerduett Pardon, Madame, das ein jüdisches Dienerpaar als Reminiszenz an das heile Wien vor 1933 singt und damit auch einen Bezug zur tragischen Biografie des Komponisten herstellt, der sich nach seiner erzwungenen Emigration nach Amerika dort nicht etablieren konnte und psychisch erkrankte.

Dabei stammt Pardon, Madame im Original gar nicht aus Ball im Savoy, sondern aus Viktoria und ihr Husar. Diese 1930 in Leipzig uraufgeführte Operette begründete den Ruhm des Komponisten und sie bildet den zweiten Streich in der konzertanten Abraham-Reihe der Komischen Oper. Global geht es in ihr zu. Ein amerikanisches Botschafterpaar wird von Wien erst nach Japan, dann nach St. Petersburg versetzt. Ganz glücklich ist die Ehe nicht, denn die Diplomatengattin Viktoria liebt immer noch den im Krieg verschollenen Husaren Stefan. Der aber lebt, und beim Winzerfest im ungarischen Heimatdörfchen Doroszma findet ihn die mittlerweile geschiedene Viktoria wieder. Am Ende gibt es eine Dreierhochzeit mit zwei weiteren Paaren, so wie es der örtliche Brauch will.

POINTS OF HONOR

Dirigent



Orchester



Solisten



Programm



Publikum



Chat-Faktor



Gerd Wameling verkörpert nicht nur den verlassenen amerikanischen Botschafter, sondern serviert auch die Zwischentexte des irrwitzigen Plots mit so köstlich trockenem Understatement, dass man an den seligen Loriot erinnert wird. Die Viktoria singt Vera-Lotte Böcker mit gleißendem, höhenstarkem Sopran, ihr Husar Daniel Prohaska punktet mit Tenorschmelz. Darstellerisch aber bleiben beide zurückhaltend. Mehr ins gestalterische Zeug legen sich, auch rollenbedingt, die Buffo-Figuren. Alma Sadé ist ein freches Japan-Girl, das ihren Verlobten Ferry, alias Peter Renz, um den Finger wickelt. Beim Foxtrott-Duo Mausi, süß warst Du heute Nacht laufen die zwei mit erotisch prickelnden Lachsalven in allen Variationen zur Höchstform auf. Vor allem aber machen die beiden Mitglieder des Opernstudios auf sich aufmerksam. Marta Mika gibt eine feurige Zofe mit Tanzeinlagen, und der waschechte Ungar Dániel Foki empfiehlt sich als Bursche Janczi mit feschem Auftreten und draufgängerischem Tenorcharme für höhere Aufgaben.

In Viktoria und ihr Husar folgt eine zündende Melodie auf die nächste. Fernöstliches Kolorit, ungarischer Pep und Wiener Walzer, angereichert mit einer gehörigen Portion Jazz, verbinden sich zu einem unwiderstehlichen musikalischen Feuerwerk. Das Orchester der Komischen Oper spielt es brillant, mit der Flexibilität und Lässigkeit eines Jazzensembles und dem prächtigen Sound eines Klassikklangkörpers. An seiner Spitze waltet Stefan Soltesz, der jeden Effekt, jede schmeichelnde Instrumentalfarbe, jede Synkope auskostet, nur manchmal auf Kosten des punktgenauen Zusammenspiels.

In der stark beklatschten Premiere haben Mitwirkende und Zuschauer gleichermaßen Spaß. Im März 2019 geht es mit der Wiederaufnahme von Ball im Savoy weiter in Sachen Abraham und im Mai folgt seine Fußballoperette Roxy und ihr Wunderteam.

Karin Coper