Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
Gründungskonzert Sinfonietta Passau
(Diverse Komponisten)
Besuch am
31. März 2023
(Premiere)
Es gibt sie noch, die musikalischen Idealisten. Jetzt wurde in Passau die Sinfonietta Passau ins Leben gerufen. Eleni Papakyriakou heisst die Gründerin und zugleich musikalische und künstlerische Leiterin des Ensembles. Sie ist in Passau und Niederbayern keine Unbekannte, da sie seit 2016 als musikalische und künstlerische Leiterin des Passauer Universitätsorchesters tätig ist.
Nun hat sie sich ihren Lebenstraum erfüllt, wie sie selber sagt, und hat die Sinfonietta Passau als eingetragenen Verein ins Leben gerufen. Mit Unterstützung der Stadt Passau, der Sparkasse Passau und diversen regionalen Stiftungen und Privatpersonen und Firmen, findet das Gründungskonzert am 31. März in der Pfarrkirche St. Peter statt. Das sehr ambitionierten Programm beinhaltet eine Uraufführung von Cornelius Hirsch, das Flötenkonzert von Carl Nielsen und dann Anton Bruckners vierte Symphonie, die man auch Romantische nennt.
Der 1954 in München geborene Komponist Cornelius Hirsch hat drei – aus einem insgesamt zehnteiligen Zyklus – Abendländler zur Uraufführung gebracht, für drei Solisten: Mit Anna Obiol Fibla an der Klarinette; Norbert Girlinger als Flötist; Peter Tavernaro mit der Oboe und dem Komponisten selber an der Pauke. Tatsächlich sind die als Byrds Walzertraum vom Frühlingsopfer, Der Leuchtturm im Regen und Harlekinade bezeichneten Stücke eine perfekte Einleitung und Einstimmung in eine musikalische Soiree. Wie der Komponist schreibt, sind es „drei kurze, musikalisch verträumte Elegien, Trauermusik im Clownskostüm, zur Maske erstarrtes Schmunzeln des Philosophen“. Es ist zu hoffen, dass diese kleinen Perlen ihren Platz im gängigen Konzertprogramm finden werden. Sie sind es wert.
Stathis Karapanos – Foto © O-Ton
Das Flötenkonzert von Carl Nielsen – in Dänemark 1865 geboren und ebendort 1931 gestorben – wurde 1926 in Paris uraufgeführt. Das Konzert hat nur zwei Sätze und zeigt Nielsens einzigartigen musikalischen Stil, der die romantische Tradition des 19. Jahrhundert mit Elementen des aufstrebenden Modernismus des frühen 20. Jahrhundert verbindet. Das selten gespielte Werk wird hier von Stathis Karapanos interpretiert, der seine stilistischen und technischen Fähigkeiten auf der Flöte in Verbindung mit dem Orchester auf beeindruckende Weise zeigt. Spielerisch, leichtfüßig ist sein Dialog mit dem Orchester im ersten Satz Allegro moderato, ebenso auch mit dem Fagott und der Klarinette. Ernster ist das Motiv im zweiten Satz Allegretto, un poco, als wolle der Komponist auf die vielen Auf- und Abbewegungen des Lebens mit dem Soloinstrument hinweisen – Chaos und Harmonie, Streit und Frieden. Karapanos versteht diese musikalische Kernaussage und setzt sie virtuos sicher und ausdrucksstark um.
Nach der kurzen Pause kommt das pièce de résistance des Abends – Bruckners Romantische in der Fassung von 1878/80. Dass sie als ein Höhepunkt der Spätromantik gilt, ist allseits bekannt. Wie bei vielen Brucknerschen Werken sind es die Hörner und Bläser, die eine überaus wichtige Rolle in der Orchestrierung spielen. Vielleicht ist es die Nervosität des Abends, oder die kalte – nicht beheizte – Umgebung, die dazu beiträgt, dass der Einstieg der Hörner nicht so tonklar klappt, wie er sollte. Laut Papakyriakou hat sie eine besondere Beziehung zu dieser Symphonie – eben diese Vierte hat sie zum Verständnis und Liebe der Musik des Komponisten geführt. Deswegen ist es keine Überraschung, dass sie meisterhaft mit den reichen Orchesterfarben und Klangtexturen der Partitur umgeht und dabei eine emotionale Tiefe und Eindringlichkeit zum Ausdruck bringt.
Papakyriakou hat über ein Jahr Vorbereitungszeit hinter sich. Das Konzept war für sie klar: Passau soll ein neues, professionelles Orchester erhalten. In dieser Zeit hat sie 53 – vorwiegend junge – Musiker, die aus der Region kommen, für ihre Idee begeistern und gewinnen können. In der Zukunft – besonders im kommenden Bruckner-Jahr 2024 – soll es weitere Werke des Komponisten und viele andere mehr geben. Fraglich bleibt, wo die Sinfonietta Passau letztendlich eine passende Bleibe finden wird. Das Gründungskonzert mit über 250 Zuhörern zeigt, dass die Pfarrkirche St. Peter zwar ein temporärer Raum für die Konzerte sein kann, aber ein professioneller Konzertsaal ist es bei weitem nicht. Dafür fehlen die Infrastruktur und eine anständige Akustik.
Das Publikum würdigt die Solisten, Musiker ebenso wie die Dirigentin dieses ersten Konzerts mit enthusiastischem, warmem Applaus. Es wird spannend sein, die weitere Entwicklung der Sinfonietta Passau zu verfolgen.
Zenaida des Aubris