O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Hans Fahr

Aktuelle Aufführungen

Rosige Aussichten

DAS JUNGE THEATER STELLT SICH VOR
(Diverse Komponisten)

Besuch am
25. Oktober 2020
(Premiere am 18. Oktober 2020)

 

Theater Krefeld Mönchengladbach, Theater Rheydt

Auch wenn die Theater und Orchester unter den Aufführungsbeschränkungen ächzen, können die Besucher des Theaters Mönchengladbach nach anderthalb Stunden mit der Gewissheit nach Hause gehen, dass man sich über Mangel an begabtem Nachwuchs nicht sorgen muss. Und zwar in allen künstlerischen Sparten. Das Programm nennt sich schlicht Das Junge Theater stellt sich vor. Und es präsenierten sich im Rahmen dieses spartenübergreifenden Projekts vier Sänger und Sängerinnen, zwei Tänzerinnen, ein Schauspieler und vier Orchestermusikerinnen und -musiker. Damit wird die Arbeit des Opernstudios auf größere Füße gestellt. Alle Künstler werden bereits am Theater Krefeld Mönchengladbach mit kleineren und teilweise auch größeren Aufgaben in die laufenden Produktionen integriert, um sich mit dem Betriebsablauf eines Theaters vertraut machen zu können.

Die jungen Leute haben sich teilweise so weit entwickelt, dass etwa die Mezzosopranistin Boshana Milkov demnächst die Titelrolle in einigen Carmen-Aufführungen übernehmen soll. Dass sie dazu das Zeug hat, das zeigte sie nicht nur im Schmuggler-Quintett aus dem Bizet-Hit, mit dem das Programm effektvoll endet, sondern noch eindrucksvoller mit der nahezu makellos gesungenen Arie Parto, ma tu ben mio aus Mozarts La Clemenza di Tito. Begleitet wird sie von dem rundum beschäftigten Pianisten Avishay Shalom, der als künstlerischer Leiter des Programms gelten kann, und von der Klarinettistin Viola Gaebel, die sich auch mit der schwierigen Bläser-Partie in Schuberts Lied-Kantate Der Hirt auf dem Felsen hervortut.

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Bei der Sopranistin Maya Blaustein mit ihrer hellen, mühelos ansprechenden Stimme ist das anspruchsvolle Schubert-Lied bestens aufgehoben. Die männlichen Gesangskräfte tummeln sich dagegen lieber in Gefilden der „leichteren“ Musik. Dass Laras Dauerbrenner Granada mit seinen effektvollen Spitzentönen alles andere als leicht zu singen ist, kann der Bariton Guillem Batllori nicht ganz verbergen. Der stark auf tenorale Strahlkraft ausgerichtete Schlager ist vielleicht nicht das ideale Futter für einen Bariton. Leichter tut sich der Tenor Robin Grunwald mit der schwungvollen Show-Nummer Wenn wir Türken küssen aus Paul Abrahams Operette Ball im Savoy.

Hier sorgen nicht zuletzt die Instrumentalisten für swingende Stimmung. Darunter die Flötistin Tekla Varga, die Cellistin Inka Jans und der Geiger Justinas Kaunas. Der Geiger findet zusammen mit Pianist Shalom zuckersüße Töne in einer Bearbeitung des Intermezzos aus Mascagnis Oper Cavalleria Rusticana. Varga und Jans zeigen kammermusikalische Qualitäten in Carl Maria von Webers melancholisch angehauchtem Trio für Flöte, Violoncello und Klavier op. 63.

Tenor Robin Grunwald und Avishay Shalom unterbreiten auch die musikalische Untermalung einer eindrucks- und stimmungsvollen Choreografie von Schuberts berühmtem Ständchen, die die blutjungen Tänzerinnen Julianna Cederstam und Alice Franchini anmutig und inspiriert vor einem azurblauen Bühnenhintergrund ausführen.

Das Sprechtheater ist mit dem syrischen Schauspieler Raafat Daboul vertreten, der mit großer Intensität einen Monolog aus Robert Schneiders Außenseiter-Drama Dreck rezitiert und verkörpert. Was die Aussprache angeht, wird der begabte Mime sicher noch an sich arbeiten.

90 rundum anregende und abwechslungsreiche Minuten geben so einen stattlichen Einblick in die Arbeit der jungen Künstler. Ergänzt werden die Beiträge durch die ansprechende Moderation von Dramaturgin Ulrike Aistleitner und zwei von Operndirektor Andreas Wendholz geführte Kurzinterviews. Schade, dass man die Darbietungen auf zwei Vorstellungen beschränkt.

Pedro Obiera