Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
ARIADNE AUF NAXOS
(Richard Strauss)
Besuch am
2. Mai 2019
(Premiere am 23. April 2019)
Das ist nicht alltäglich. Ein echter Opernhaus-Intendant steht selbst auf die Bühne und spielt mit. Und das gar nicht schlecht. Der gebürtige Wiener Alexander Pereira ist seit 1. September 2014 Intendant und künstlerischer Direktor der Mailänder Scala, und nach anfänglichen Unstimmigkeiten über seinen Einkauf von Produktionen aus Salzburg mittlerweile vom Publikum und vermutlich auch von der Politik geschätzter Leiter des weltberühmten Opernhauses. Nunmehr überrascht er sein Publikum und schlüpft in die Rolle des resoluten Haushofmeisters, der den engagierten Musikern die Wünsche des kapriziösen Hausherrn zu übermitteln hat. Eine Rolle, die ihm sichtlich Spaß macht und auch zu seiner aktuellen beruflichen Aufgabe passt. In barocker, roter Lakaien-Uniform erscheint er in der Inszenierung des jungen Briten Frederic Wake Walker, der sich mit einer klaren Linie seiner Interpretation dieser Oper in der Oper schwertut. Jamie Vartan gestaltet für das Vorspiel den Nachbau eines prächtigen barocken Stiegenhauses und postiert unpassend Wohnwagen mitten ins Foyer. In diesen nehmen die eingeladenen rivalisierenden Künstlergruppen Platz, die die folgende Oper für den Hausherrn aufführen sollen. Für die Oper selbst gestaltet der Bühnenbildner im Anschluss einen modernen, weiß ausgekleideten Raum, ein rundes weißes Podest für die trauernde Ariadne in der Bühnenmitte, das wie eine Muschel verschlossen wird. Davor wachsen dicht aneinandergereiht blaue Kegel aus dem Boden, das Meer symbolisierend. Eine breite Treppe kommt mit dem rettenden Bacchus von hinten und im nunmehr dunklen Bühnenraum steigen Ariadne und Bacchus vereint die Treppe unter Sternenhimmel und großem, buntem Videofeuerwerk empor. Dazwischen führt Walker die zahlreichen Protagonisten unbestimmt auf der Bühne herum.
So bleibt Zeit, sich auf die Musik zu konzentrieren, die unter der Führung von Franz Welser Möst herrlich aufgetischt wird. Konsequent zieht er den kammermusikalischen Charakter der Musik durch. Er lässt die Instrumentensoli markant erklingen und führt die Stimmen transparent zusammen. Weich und erfüllend berührt der volle Orchesterklang. Geschickt und verspielt pointiert er die verschiedenen tänzerischen und folkloristischen Elemente.
Musik | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Gesang | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Regie | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Bühne | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Publikum | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Chat-Faktor | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Krassimira Stoyanova als Ariadne ist der Star des Abends, und ihre Arie gestaltet sie intelligent und gefühlvoll. Wohlverständlich in der Diktion, nutzt sie ihre Stimme für einen liedhaften, unprätentiösen Gesang. Intim auch die Gestik. Sabine Devieilhe bleibt eine farblose Zerbinetta. Ihre Koloraturen bleiben unspektakulär und auch nicht immer sicher intoniert. Im Spiel wirkt die zarte Französin unbeholfen. Daniela Sindram versteht es, für den Komponisten im Vorspiel viel Aufmerksamkeit zu erwecken. Mit kräftiger, fester Stimme baut sie nuancenreich ihre Emotionen ein. Michael König wirkt mit Statur und Stimme als lebensfroher Bacchus. Markus Werba liefert sich als Musiklehrer mit dem Haushofmeister ein zündendes Zwiegespräch.
Das italienische Publikum zeigt Zurückhaltung gegenüber diesem sperrigen Opus von Richard Strauss. Mancher sucht bereits in der Pause das Weite. Am Ende ist es aber erfüllt von dem Zauber der Harmonien und Melodien, die Richard Strauss immer wieder zusammenführt, und spendet begeistert Beifall.
Helmut Pitsch