O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Paul Leclaire

Aktuelle Aufführungen

Hampes Kapitulation vor der Pandemie

DIE ZAUBERFLÖTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)

Besuch am
7. Oktober 2020
(Premiere am 3. Oktober 2020)

 

Oper Köln, Staatenhaus Deutz

Dass man Mozarts Zauberflöte auch in Corona-Zeiten ohne nennenswerte Kürzungen hintergründig und spannend aufführen kann, zeigt zurzeit die Wuppertaler Oper. Dass sich ausgerechnet ein so erfahrener Theatermann wie Michael Hampe von den Einschränkungen so stark beeindrucken lässt, dass die Saisoneröffnung der Kölner Oper halbherzig als „Szenische Einrichtung nach einer Konzeption von Michael Hampe“ angekündigt wird, ist völlig unverständlich und wirkt sich sogar auf die ohnehin nur mäßige musikalische Qualität der Produktion aus.

Hampe führt einen überflüssigen Sprecher ein, der keine Gelegenheit auslässt, Szenen zu erklären, die sich aufgrund der Abstandsregelungen angeblich unmöglich realisieren ließen und dann doch gezeigt werden. Das hemmt den ohnehin recht zähen Ablauf des dreistündigen Abends zusätzlich. Angesichts der Maskenpflicht während der ganzen Aufführung dürfte wohl jedem Besucher bewusst sein, dass wir in keinen normalen Zeiten leben.

Offensichtlich hat sich Hampe, der immerhin bis 1995 20 Jahre lang als erfolgreicher Intendant der Kölner Oper für unvergessene Mozart-Produktionen gesorgt hat, so verunsichern lassen, dass sogar seine klugen Worte aus dem Programmheft vergessen schienen. Etwa, dass er die Zauberflöte nicht nur als schönes Märchen verstanden wissen will, sondern als hochpolitischen Appell des aufgeklärten Freimaurer-Duos Mozart und Schikaneder, Macht und Gerechtigkeit zu vereinen.

Davon ist allerdings nichts in Köln zu sehen. Möglicherweise aus Pietät gegenüber dem Bühnen- und Kostümbildner Germán Droghetti, der erst im Juni an den Folgen des Corona-Virus gestorben ist. Der zaubert eine kunterbunte Märchenlandschaft wie aus dem Bilderbuch, schafft mit aufwändigen Projektionen blitzschnelle Szenenwechsel vom funkelnden Sternenhimmel in blühende Blumenwiesen, entzückt mit putzigen Tierkostümen und einem gefiederten Papageno wie aus Zeiten der Uraufführung. Nicht immer weit vom Kitsch entfernt.

Das alles ist nett anzusehen, doch Hampe, der vor nicht langer Zeit in Düsseldorf mit dem Figaro Maßstäbe in Sachen ausgefeilter Personenführung gesetzt hat, überlässt die Figuren weitgehend sich selbst und gibt ihnen wenig Raum, um ein lebendiges, menschliches Profil zu entwickeln. Nicht nur die Königin der Nacht und Sarastro dürfen sich kaum bewegen, auch das Prinzenpaar ergeht sich in Passivität.

Dabei bietet die junge, aus dem Opernstudio hervorgegangene Sopranistin Kathrin Zukowski als Pamina die beste musikalische Leistung des Abends. Sie füllt ihre Partie mit den lyrischen Qualitäten und dem stimmlichen Glanz aus, den man bei dem recht rau timbrierten Tamino von Julien Behr vermisst. Große Abstimmungsprobleme mit dem Orchester bringen Antonina Vesenina als Königin der Nacht vor allem in der ersten Arie erheblich ins Straucheln. Ante Jerkunica als Sarastro fehlt es vor allem in der Tiefe an der nötigen Fülle und Matthias Hoffmann als Papageno bietet, wie der Rest des Ensembles, eine gediegene Leistung.

Die Chorpartien werden vom Band eingespielt, wobei es noch an der präzisen Koordination mit dem Orchester fehlt. Umstände, die Christoph Gedschold am Pult des auch nicht immer sattelfest aufspielenden Gürzenich-Orchesters so sehr beschäftigen, dass für einen ausgefeilten, sorgfältig phrasierten Ablauf des Abends keine Zeit bleibt.

Ein von der Pandemie ungewöhnlich stark belasteter Saisoneinstieg mit Problemen, die nahezu alle anderen Opernhäuser der Region erheblich geschickter bewältigen.

Pedro Obiera