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Vielseitigkeit gewinnt

STERNENSTIMMUNG
(Irene Kurka, Frederike Möller)

Gesehen am
25. Juni 2020
(Live-Stream)

 

Hinterhofsalon, Köln

In diesen Tagen darf sich wohl jeder Solo-Künstler glücklich schätzen, der so vielseitig aufgestellt ist, dass er vielleicht noch in diesem oder jenem, noch so kleinen Projekt unterschlüpfen kann. Ein gutes Beispiel dafür ist Frederike Möller. Sie „spielt, performt, kreiert, singt, schreibt und redet“. Sagt sie über sich selbst auf ihrer Netzseite. Und vergisst dabei zu erwähnen, dass sie auch komponiert. Mit ihrem Studium von Klavier, Kunstmanagement, Musikwissenschaft und Philosophie in München, Köln, Düsseldorf und Warschau hat sie sich nicht nur breit aufgestellt, sondern jüngst auch ihre Promotion erlangt. Neben Konzerten und Vorträgen im internationalen Umfeld leitet sie seit zwei Jahren das Internationale Düsseldorfer Orgelfestival und eine „eigene interdisziplinäre Konzertreihe in Düsseldorf – das Düsseldorfer Toy-Piano-Festival“.

Auf anderer Ebene zeigt auch die Sopranistin Irene Kurka ihre Vielseitigkeit. Von der Alten Musik bis zur Gegenwartsmusik bewegt sie sich in unterschiedlichsten Projekten, ohne den Blick auf ihr eigentliches Anliegen zu verlieren: Menschen die Neue Musik näherzubringen. Da fügt sich auch ihr neuestes Gemeinschaftsprojekt mit Möller nahtlos ein. Mit der Pianistin mit einem Faible für Toy-Pianos hat sie nämlich ein gemeinsames Programm erarbeitet, das es in sich hat. Und das präsentieren die beiden Künstlerinnen im Hinterhofsalon von Anja Reuther in Köln als Live-Stream im Rahmen der Reihe 2 for you, die Christina und Gerhard von Richthofen auf ihrem Kulturkanal 20-20.live präsentieren. Inzwischen ist es offiziell: Ab dem 9. Juli wird im Hinterhofsalon auch Publikum zugelassen. Zu spät für das erste weibliche Duo in der elften Ausgabe der Konzertreihe, das sich davon aber nicht beeindrucken lässt.

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Nach einer Schrecksekunde, in der Christina von Richthofens Anmoderation kaum zu hören ist, wird der Fehler behoben und der Rest des Abends kann in sehr guter Tonqualität genossen werden. 1974 komponierte Karlheinz Stockhausen die 12 Melodien der Sternzeichen. Vier dieser Lieder – Wassermann, Fische, Löwe und Jungfrau – bilden das Grundgerüst des Abendprogramms. Dabei kommen auch die Toy Pianos mit ihren ungewohnten Klängen zum Einsatz. Den zweiten Schwerpunkt des Abends bieten Lieder von Clara Schumann. Während Liebst du um Schönheit und die Lotusblume noch konventionell mit Gesang präsentiert werden, hat Möller Die gute Nacht, die ich dir sage und die Loreley für die Miniaturpianos solo arrangiert. Und zeigt damit, dass die kleinen Klaviere mehr als nur Akzente setzen können. Ein Stimmungshöhepunkt gelingt Kurka etwa in der Mitte des Abends mit dem Frühlingsstimmenwalzer von Johann Strauss. Hier kann sie dann auch mal den großen Leistungsumfang ihrer Stimme zeigen. Um auch den Komponistinnen mehr Stimme zu geben, haben die Künstlerinnen sich zusätzlich für Feinstaub II von Charlotte Seither entschieden, ein an Dada erinnerndes Stück ausschließlich für Stimme. Obwohl vokal glänzend dargeboten, fehlt da doch der letzte Kick. Den kitzeln Kurka und Möller mit Je veux und La Diva de l’Empire von Erik Satie zum Ende des Abends hervor.

Insgesamt präsentieren die beiden Künstlerinnen ein vielseitiges, aber auch deutlich um Ausgewogenheit bemühtes Programm, das nach einer sehr kurzen Stunde zu Ende geht. Danach bleibt zu hoffen, dass das Toy Piano Festival in Düsseldorf dieses Jahr stattfinden kann, um mehr von diesen außergewöhnlichen Instrumenten zu hören. Im Kölner Hinterhofsalon geht es am kommenden Donnerstag mit dem Bassisten Timo Hoppe und der Pianistin Ekaterina Schabanova Auf den Flügeln des Gesanges weiter.

Michael S. Zerban