O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Peter Wieler

Aktuelle Aufführungen

Ohne parfümierten Salon-Dunst

KLAVIER-FESTIVAL RUHR
(Diverse Komponisten)

Besuch am
30. April und 1. Mai 2023
(Einmalige Aufführungen)

 

Klavier-Festival Ruhr, Gebläsehalle Landschaftspark Nord, Duisburg, Philharmonie Essen

Mona Asuka in Duisburg mit einem überwiegend poetischen Abend in Duisburg, Daniil Trifonov und Sergei Babayan mit einem eindrucksvollen Rachmaninoff-Programm in Essen. Das Klavier-Festival Ruhr lässt auch in diesem Jahr harte Kontraste auf hohem Niveau aufeinanderprallen.

Passend zum sonnigen Frühlingswetter setzt Pianistin Mona Asuka mit einem überwiegend hell und sanft gestimmten Programm in der voll besetzten Gebläsehalle des Duisburger Landschaftsparks Nord den Konzertreigen des Klavier-Festivals Ruhr fort.

Dass die junge Musikerin aus dem Schatten ihrer älteren Schwester Alice Sara Ott treten konnte und seit einigen Jahren mit beachtlichem Erfolg eine eigene internationale Karriere pflegt, dazu hat auch das Festival beigetragen. Trotz ihrer jungen Jahre trat Asuka in diesem Rahmen bereits dreizehn Mal auf. Das Vertrauen von Intendant Franz-Xaver Ohnesorg in das Talent der jungen Dame hat sich längst bestätigt.

Es ist nicht die kraftstrotzende, effektheischende Attitüde einer Klavierlöwin, die Asuka anstrebt. Auch wenn sich mit Beethoven und Liszt die Muskeln spielen lassen können, hält sich die Pianistin stets dezent zurück und konzentriert sich auf den melodischen und emotionalen Gehalt der Musik. Unprätentiös, natürlich, spieltechnisch auf hohem Niveau.

Die Werkauswahl entspricht dieser Haltung. Bachs Italienisches Konzert erklingt lebendig und fein phrasiert ohne jeden sportlichen Ehrgeiz. Von Beethoven wählt sie mit der Sonate in As-Dur op. 26 eins der lyrischeren Werke des Zyklus‘ aus. Das ruhige Thema des eröffnenden Variationssatzes klingt unter ihren Händen so melodisch sanft ausschwingend wie eins der zartesten Lieder Franz Schuberts. Auch in den restlichen schnelleren Sätzen oder dem als Trauermarsch betitelten Andante, betont und bewahrt sie stets die melodische Linie. Mitunter auf Kosten der zurückgehaltenen linken Hand.

Foto © Christian Palm

Franz Schubert fühlt sich Asuka besonders eng verbunden. Drei Lied-Bearbeitungen von Franz Liszt eröffneten den zweiten Programmteil. Auch hierfür wählte sie mit Du bist die Ruh und dem berühmten Ständchen besonders gesangvolle, von Liszt entsprechend sensibel arrangierte Ohrwürmer Schuberts. Effektvoller und rein manuell anspruchsvoller ist natürlich Liszts ausladende Impression Venezia e Napoli angelegt. Mit der feinen, detailgenauen Wiedergabe des wiegenden Rhythmus der Gondoliera, der kantablen Leuchtkraft der Canzone und dem leichtfüßig tänzerischen Impetus der Tarantella überzeugt ihre Interpretation durch geschmackvolle Dezenz.

Ein frühlingshaft leicht beschwingter Abend. Dass die ursprünglich vorgesehenen Telemann-Variationen von Max Reger ausfallen müssen, ist zu verschmerzen. Das Publikum bedankt sich mit großem Beifall.

Solo-Auftritte von Daniil Trifonov und seinem einstigen Lehrer Sergei Babayan sind Ereignisse für sich. Gemeinsame Auftritte der beiden Pianisten verleihen einem Abend noch eine zusätzliche Prise an Spontaneität und Spannung. Ohnesorg darf den jüngsten Auftritt der Musiker zu Recht als einen Höhepunkt des Klavier-Festivals Ruhr ankündigen.

Seit Jahren treten die altersmäßig und mental unterschiedlichen Künstler immer wieder gemeinsam auf. Dabei ist ein künstlerisches Einvernehmen entstanden, das die individuellen Handschriften der Persönlichkeiten erkennen lässt und dennoch zu runden, ausgewogenen Ergebnissen führt.

Zumal, wenn der gesamte Abend, wie jetzt in der sehr gut besuchten Essener Philharmonie, Sergei Rachmaninoff gewidmet ist. Ein Komponist, der Trifonov und Babayan in gleichem Maße besonders am Herzen liegt. Mittlerweile hat Trifonov zwar seinen Lehrer an Ruhm überholt, und sie wechseln sich in den Führungspositionen an den Klavieren ab. Wobei Rachmaninoff in seinen beiden Suiten und den Symphonischen Tänzen für zwei Klaviere beiden Spielern absolut gleich hohe Anforderungen an Klangsinn, Präzision und spieltechnischen Höchstleistungen abverlangt, denen beide auch kongenial gerecht werden.

In der Barcarolle der ersten Suite scheint es noch, als übertöne Trifonov mit seinen brillant glitzernden Arabesken seinen dynamisch zurückhaltenden Lehrer. Ein Eindruck, der sich schnell verflüchtigt. In ihrer Werksicht sind sich beide Pianisten einig. Auch in den acht atmosphärisch dichten Charakterstücken der beiden Suiten und erst recht in den komplexer angelegten Symphonischen Tänzen hat plüschige Sentimentalität nichts zu suchen. Und so gehen sie manche Stücke mit einem ungewohnt rauen, aber absolut treffsicheren Zugriff in atemberaubenden Tempi an. Wobei der romanzenhaft lyrische Ton der ruhigeren Sätze nicht zu kurz kommt. Wenn auch nicht aufgeweicht.

Merkwürdig, dass ausgerechnet der populäre langsame Satz der Zweiten Symphonie in der Version für zwei Klaviere, die das Duo dem begeisterten Publikum als Zugabe schenkt, dem parfümierten Klischee Rachmaninoffs bedenklich nahekommt. Aber schön klingt er trotzdem.

Pedro Obiera