O-Ton

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Foto © Dana Schmidt

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„Danke, verehrtes Publikum!“

ABSCHIEDS-GALA FRANZ XAVER OHNESORG
(Diverse Komponisten)

Besuch am
4. November 2023
(Einmalige Aufführung)

 

Klavier-Festival Ruhr in der Mercatorhalle, Duisburg

Mit einer vor Spiellaune vibrierenden Session, ausgeführt von einem bunt gemischten All-Star-Septett, findet die fast vierstündige Abschieds-Gala zu Ehren von Franz Xaver Ohnesorg in der voll besetzten Duisburger Mercatorhalle einen fulminanten Abschluss. Es ist das zweite von drei außergewöhnlichen Konzerten, mit denen Ohnesorg seine 28-jährige Tätigkeit als Intendant des Klavier-Festivals Ruhr beendet. Gedacht als Benefiz-Veranstaltungen zugunsten der Stiftung des Festivals, bestückt mit treuen und teuren Stars und Nachwuchskräften, die sich mit ihren Auftritten allesamt unentgeltlich bei Ohnesorg bedanken.

Ein Abend, der Ohnesorgs Begeisterung für die erfolgreiche „Jazz Line“ des Festivals gerecht wird. Selbst ein bekannter Standard wie Duke Ellingtons Take the A Train dürfte in dieser singulären Besetzung nie mehr zu hören sein: mit Götz Alsmann auf seiner winzigen Ukulele, Helge Schneider am verraucht klingenden Saxofon, dem jungen Talent Jerry Lu und seinem erfahrenen Kollegen Jacky Terrasson an zwei Klavieren, Trompeter Till Brönner mit seinen ebenbürtigen Mitstreitern Dieter Ilg am Bass sowie Marcel Serierse am Schlagzeug. Eine auf den ersten Blick skurrile Mischung unterschiedlicher Persönlichkeiten, die sich aber reibungslos die Bälle zuspielen. Reizvoll, wie Brönners blitzblank polierte Töne mit den „dirty“ eingefärbten Klängen Schneiders kontrastieren, wie sich Jacky Terrassons athletisch druckvolles Klavierspiel von der filigranen Eleganz Jerry Lus abhebt. Ergänzt durch fabelhafte, improvisierte Solo-Passagen der weiteren drei Kollegen.

Solche Überraschungen geben dem hochwertigen Abend eine besondere Würze. Was den Wert der gewohnt virtuos geschmeidigen Improvisationen Brönners mit seinem eingespielten Trio ebenso wenig schmälert wie die quasi aus dem Stand entwickelten Solo-Passagen im Zusammenspiel mit den beiden Pianisten.

Helge Schneider – Foto © Dana Schmidt

Helge Schneider lässt es sich nicht nehmen, zunächst ein wenig zu kalauern, zeigt aber bereits mit einer eigenen Fantasie im geistigen Umfeld von Jazz, Beethoven und O-Tannenbaum-Folklore am Klavier seine musikalische Klasse, die er am Saxofon noch bekräftigt. Ein wenig ab fällt Götz Alsmann mit zwei recht flachen Songs.

Angesichts der zunehmend kochenden Stimmung geraten die anfänglichen „jazz-ähnlichen“ Beiträge fast in Vergessenheit. Dabei fasziniert die junge Pianistin Hanni Liang mit einer grandiosen Interpretation von Gershwins Rhapsody in Blue. Ein Stück, das in der Klavier-Version seine kompositorische Substanz noch deutlicher erkennen lässt als in effektvollem Orchester-Glanz. Was man von den minimalistischen Endlos-Schleifen von Phil Glass nicht behaupten kann, auf die das Klavier-Duo Dennis Russell Davies & Maki Namekawa auch an diesem Abend nicht verzichten will.

Franz Xaver Ohnesorg genießt den Abend ohne Trennungsschmerz, aber mit großer Zuversicht in die Zukunft des Festivals unter der neuen Intendantin Katrin Zagrosek und der festen Unterstützung durch den Initiativkreis Ruhr samt einer stattlichen Sponsoren-Schar. Nicht zuletzt auch in die Fortsetzung der vorbildlichen Musikvermittlungsprogramme gerade in sozial problematischen Duisburger Stadtteilen wie Marxloh und Hochfeld.

Begeisterter Beifall für alle Mitwirkenden und natürlich auch für den Intendanten. Die dritte Abschieds-Gala folgt am 25. November in der Essener Philharmonie mit Klassik-Berühmtheiten von Martha Argerich bis Lang Lang und Anne-Sophie Mutter.

Pedro Obiera