O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Theater an der Luegallee

Aktuelle Aufführungen

Falsche Fährten

EINE LEICHE ZUM KAFFEE
(Stefan Keim)

Besuch am
7. März 2024
(Premiere am 21. September 2023)

 

Theater an der Luegallee, Düsseldorf

Ende September vergangenen Jahres kam das Stück Eine Leiche zum Kaffee von Stefan Keim im Theater an der Luegallee in Düsseldorf zur Uraufführung. Der Erfolg war offenbar so groß, dass sich Christiane Reichert, Leiterin des Theaters, entschloss, das Stück jetzt noch einmal für zwei Wochen auf die Kellerbühne im Stadtteil Oberkassel zu bringen. Ihre Vorfreude ist groß, als sie das Publikum im ausverkauften Haus – an einem Donnerstagabend, wie sie betont – begrüßt.

Die Wände der Bühne sind mit einer grüngemusterten Tapete behängt, wie man sie höchstens noch in den selbst in der Provinz aussterbenden alten Cafés findet. In der Mitte des Bühnenraums stehen zwei Stühle an einem runden Tisch, ein Garderobenständer bietet Platz für spärliche Requisiten. Später wird die Bar der Kellerbühne in das Geschehen einbezogen werden. Suzan Erentok ist nicht nur eine der beiden Darsteller, sondern hat das Stück auch inszeniert. Dabei muss sie das Kunststück vollbringen, einen extrem handlungsarmen Dialog über mehr als eine Stunde so zu strukturieren, dass überraschende Wendungen, die sich oft von einem Satz zum andern vollziehen, für den Zuschauer deutlich werden. Das geht so weit, dass sie ihr Gegenüber wechselweise im Falsett und im Bariton sprechen lässt, um die Stimmungswechsel aufzuzeigen. Ungewöhnlich, aber es funktioniert. Im Übrigen weiß sie die Figuren gut zu bewegen und die Räume gut aufzuteilen.

Foto © Theater an der Luegallee

Was einigermaßen schwierig ist, denn im Grunde dreht sich die Geschichte um das Gespräch zweier Menschen. Punkt. Die Ausgangssituation scheint klar. Ein Lokalreporter trifft sich mit einer Hellseherin in einem Café, um einen Bericht für den Lokalteil zu verfassen. Schon bald kann man aufhören, auch nur einem Satz zu trauen. Selbst der Titel des Werks führt in die Irre. Bald ist die Rede von mindestens sieben Leichen, die Rollen von Reporter und Hellseherin werden immer undurchschaubarer. So gerät auch das Gefälle zwischen Verwirrspiel und Aufklärung recht hoch. Hinterfragen sollte man bei der Geschichte ohnehin nicht allzu viel.

Erentok im pinkfarbenen Kostüm hat einen ungarischen Dialekt zu imitieren, überzeugt in der Haltung und bietet darstellerisch durchaus komische Situationen. Jan Philip Keller meistert die sprachlichen Anforderungen, überdreht gekonnt hier und da. Ein paar Hänger werden sich in den folgenden Aufführungen sicher erledigen.

Das Stück, das kurzweilig über die Runden kommt, lädt immer wieder zum Schmunzeln ein, Schenkelklopfer und Slapstick unterbleiben glücklicherweise. Ob man es als Komödie bezeichnet, kann man sicher diskutieren. In jedem Fall ist es unterhaltend. Das Publikum nimmt es dankbar an und applaudiert kurz und herzlich.

Wer Spaß an Zwei-Personen-Stücken hat und vor allem die unglaublich schöne Atmosphäre im Theater an der Luegallee genießen will, sollte sich schon die nächsten Produktionen vormerken. Am 21. März ist die Premiere von Z („Zett“) vorgesehen, einem Kammerspiel über die gleichnamige Generation von Nino Haratischwili mit Veronika Morgoun und Björn Lauterbach. Und am 4. April startet Der Anruf, ein „Thriller-Kammerspiel“ von Stephan Eckel.

Michael S. Zerban