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Liebesgrüße zum Wiedersehen

DLO VALENTINE’S DAY CONCERT
(Diverse Komponisten)

Gesehen am
14. Februar 2021
(Premiere/Video on Demand)

 

Jazzschmiede, Düsseldorf

Auf den Tag fünf Monate ist es her, dass die Düsseldorf Lyric Opera zum letzten Mal öffentlich auftrat. Welch eine schöne Erinnerung. Ein schöner Spätsommertag, und die Welt schien irgendwie in Ordnung, obwohl sich das Unheil da bereits anbahnte. Das letzte Freiluftkonzert konnte schon nicht mehr stattfinden. Die Düsseldorf Lyric Opera wurde unsichtbar wie so viele Künstler in den vergangenen Monaten. Jetzt gibt es ein neues Lebenszeichen. Die Spielschar um die Künstlerische Leiterin Julia Coulmas meldet sich zurück. Wie es sich in diesen Zeiten gehört: online und in kleiner Runde.

Wer jetzt nicht über eine feste Spielstätte oder ein Engagement verfügt, für den sieht es richtig düster aus. Ohne Perspektive fällt die Motivation zur täglichen Übung schwer, egal, ob es sich um Instrumentalisten oder Sänger handelt. Es ist ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt. Und Solidarität ist gefragt. Coulmas kämpft und findet in Lars Wallet, den Geschäftsführer der Jazz-Schmiede in Düsseldorf, einen Partner, der über das nötige Know-how und den Platz verfügt, die DLO online zu bringen. Also kann die DLO ihr Valentine’s Day Concert präsentieren. Und verspricht love songs and more.

Wallet leistet ganze Arbeit. Die Bühne ist professionell eingeleuchtet und eingerichtet. Die Kameraführung ist abwechslungsreich, und der Klang erinnert mehr an einen Konzertsaal als an den doch vergleichsweise kleinen Raum, den die Jazz-Schmiede zur Verfügung stellen kann. Der Flügel ist links platziert, davor gibt es Platz für das Cello und rechts haben die beiden Sängerinnen allen Abstand der Welt hinter ihren Notenständern. Besser kann es kaum gehen.

Und der Anfang ist vielversprechend. Der Link trifft pünktlich ein, wenn man zuvor eine Eintrittskarte erworben hat. Ein Klick und schon ist man dabei. Dass das Video vorproduziert ist, darf bei all den Pannen, die andere Kulturarbeiter mit den Live-Übertragungen schon erlebt haben, als kluge Vorbereitung gelten, zumal das Video bis Ende Februar online steht und Karteninhaber es durchaus mehrfach anschauen können.

Dann allerdings ist es doch sehr auf Konserve produziert. Eine Moderation gibt es nach dem kurzen Vorspann nicht. Dabei hätte man sich sehr auf ein paar Worte von Coulmas gefreut. Und statt der Zwischenmoderationen, bei denen man noch im September so viel Spaß hatte, gibt es Titeleinblendungen. Das ist wenig, auch nicht durch Corona gerechtfertigt, denn der Platz hätte auch noch für eine Moderatorin gereicht.

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Das Programm beginnt überraschend mit dem Laudamus te – Wir loben dich – von Antonio Vivaldi, bei dem sich alle Künstler auf der Bühne zeigen. Megan Behiel am Klavier und ihr Ehemann Linus Weber am Cello, da ist Nähe erlaubt. Sopranistin Monika Rydz und Mezzo-Sopranistin Paulina Schulenburg haben ausreichend Platz, ihre Stimmen ohne Infektionsgefahr strömen zu lassen.  Anschließend gibt es gleich drei Mal Felix Mendelssohn Bartholdy. Das ist ungewöhnlich und auch nicht allzu bekannt. Auf den Flügeln des Gesanges wird von Schulenburg und Behiel interpretiert, das Lied ohne Worte für Violoncello und Klavier gehört zu den Lieblingsstücken von Behiel und Weber und bei Ich wollte, meine Liebe ergösse sich erfreuen Schulenburg und Rydz in der Begleitung von Behiel. Da gibt es doch einiges Neues, dass man sich gern anhört. Schön auch der Wechsel ins französische Fach. Cinq Mélodies Populaires Grecques von Maurice Ravel werden von Rydz und Behiel dargeboten – einmal mehr fällt hier die zauberhafte Stimme der Sopranistin und das einfühlsame Spiel der Pianistin auf. Mit À Chloris von Reynaldo Hahn setzt Schulenburg in Klavierbegleitung einen deutlichen Akzent. Behiel und Weber präsentieren mit Salut d’Amour – dem Liebesgruß – von Edward Elgar ein weiteres Lieblingsstück. Und zum Abschluss der „französischen Runde“ begeistert Schulenberg in der Begleitung von Behiel und Weber mit Èlégie von Jules Massenet. Da ist man freilich schon auf den Klang der Stimmen angewiesen, weil es Übertitel trotz der Vorproduktion nicht gibt.

Was singt ein jeder lyrische Sopran am liebsten? O mio babbino caro von Giacomo Puccini gehört auf jeden Fall dazu. Monika Rydz lässt sich von Behiel und Weber begleiten, wenn sie eines ihrer Übungsstücke zum Besten gibt. Und Schulenburg legt mit Una voce poco fa von Gioacchino Rossini gleich nach. Dass sie das singen können, steht völlig außer Frage. Aber hätte es möglicherweise auch Alternativen gegeben? Dem Programm, das vielversprechend begann, hätte es kaum schaden können. Dann hätte man möglicherweise auch die Barcarole von Jacques Offenbach eher hingenommen.

Da trübt ein abgenudeltes Programm ein wenig den Genuss, auch wenn vielleicht die Fans der DLO daran Spaß haben. Aber gerade darin liegt die Chance für viele Künstler in dieser Zeit: Zu zeigen, dass sie in der Lage sind, sich trotz der Krise weiterzuentwickeln. Die Düsseldorf Lyric Opera bekommt dazu hoffentlich bald Gelegenheit. Denn Coulmas verspricht mehr von diesem Konzertformat, das technisch so einwandfrei funktioniert. Dass die DLO dabei online gleichberechtigt neben anderen Formaten antritt, birgt eine Chance, die nicht nur die Anhänger der DLO aufmerksam verfolgen werden.

Michael S. Zerban