Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
DEUX HOMMES ET UNE FEMME
(Gaetano Donizetti)
Besuch am
1. September 2021
(Einmalige Aufführung)
Schon zu Lebzeiten galt Gaetano Donizetti als äußerst kreativ und produktiv. Immerhin hat er über 80 Opern komponiert und galt als der „Schnellschreiber“ schlechthin. Für diese kleine „Farce“, wie er es nannte, hat er 1841 gerade mal eine Woche gebraucht. Das Libretto stammt von Gustave Vaëz, der für Donizetti schon Lucia di Lammermoor und La Favorite geschrieben hatte. Es war Donizetti vermutlich zu langweilig geworden, auf ein Projekt an der Mailänder Scala zu warten, also fragte er Vaëz nach einer kleinen Geschichte. Der lieferte sogleich Rita oder Zwei Männer und eine Frau. Leider verschwand das Werk in einer Schublade und kam erst posthum zur Uraufführung – 1860 an der Opéra Comique in Paris.
Jetzt hat die Berliner Operngruppe, die sich auf selten gespielte Werke spezialisiert hat, eine semi-konzertante Version ins Konzerthaus Berlin gebracht. Von dem Dirigenten und künstlerischen Leiter Felix Krieger 2010 ins Leben gerufen, spezialisiert sich die Berliner Operngruppe darauf, selten gespielte Werke einmal pro Jahr auf die Bühne zu bringen. In den letzten Jahren waren es zum Beispiel Iris von Pietro Mascagni und Edgar von Giacomo Puccini, jeweils in Zusammenarbeit mit dem Verlag Archivo Storico von Casa Ricordi, jetzt Teil der Bertelsmann-Gruppe. Im Fall von Rita handelt es sich um die deutsche Erstaufführung – wobei im französischen Original gesungen wird mit deutschen Dialogen.
Die Handlung ist schnell erzählt: Die geschäftstüchtige Rita betreibt eine Gastwirtschaft und ist mit dem scheuen Pépé in zweiter Ehe verheiratet. Wann immer er nicht spurt, wie sie will, bekommt er Schläge von ihr. Eines Tages taucht der tot geglaubte erste Mann von Rita auf, Gasparo. Er war doch nicht bei einem Schiffsunglück umgekommen, sondern nach Kanada ausgewandert. Er hatte wiederum gehört, Rita sei bei einem Feuer, das das gesamte Dorf vernichtet hatte, gestorben. Da Gasparo aber eine Kopie des Totenscheins benötigt, um seine neue Liebe heiraten zu können, staunt er nicht schlecht, sie sehr lebendig vorzufinden. Pépé freut sich, da Ehemann Nr. 1 jetzt aufgetaucht ist, endlich seine Freiheit erlangen zu können. Nach viel Klamauk, wer der Herren jetzt nun geht, kommt es zum Happy End: Gasparo geht, Pépé bleibt und Rita verspricht, ihn mit Respekt zu behandeln.
Foto © O-Ton
Dieser knapp 60 Minuten langen, einaktigen Oper hat sich Regisseur Lorenzo Fioroni angenommen. Mit Sonnenschirmen, einigen Tischen und Stühlen hat Katharina Gault eine sonnige Osteria auf die Vorderbühne gezaubert. Hier spielen sich die Szenen dieser Slapstick-Komödie ab. Fioroni lässt die drei Sänger ihre Charaktere übertreiben, wie es sich für das Genre gehört. Nichts ist subtil hier, alle Andeutungen werden herausgestellt.
Alle drei Sänger beeindrucken mit frischen Stimmen und großer Spielfreude. Allen voran Sopran Elbenita Kajtazi als Rita, die mit gehörigem Temperament ihr Ehemänner-Regiment führt. Glaubwürdig scheucht sie den tolpatschigen Pépé herum, während sie den totgeglaubten Gasparo bezirzt, nachdem sie sich über den Schock seines Daseins erholt hat. Die Donizettischen Koloraturen perlt sie mit geschmeidiger und musikalischer Leichtigkeit ab. Alasdair Kent ist der unglückliche Pépé, der zwischendurch eine freudige Arie in schönem, tenoralem Timbre trällert, als er meint, er könnte doch seine Freiheit wieder gewinnen. Pablo Ruiz erscheint erstmal mit Mickey-Maus-Ohren, um nicht gleich enttarnt zu werden und verleiht der Rolle von Gasparo eine gehörige Portion Buffofülligkeit mit gewinnendem Bariton.
Felix Krieger dirigiert das Orchester auf dem hinteren Teil der Bühne, fast vollständig unsichtbar hinter den Schirmen. Er hält seine Truppe aus freien, professionellen Musikern gut zusammen, und man hört ihnen die Freude am Musizieren an – für viele ist es das erste Mal auf einer Bühne seit Beginn der Pandemie.
Es ist der Berliner Operngruppe hoch anzurechnen, dass sie sich beharrlich jedes Jahr um ein unbekanntes Werk kümmert und es liebevoll auf die Bühne bringt. Da fällt es auch leicht, zur Nominierung in fünf unterschiedlichen Kategorien für den Opus Klassik 2021 der Produktion von Iris von Pietro Mascagni zu gratulieren.
Zenaida des Aubris