O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Jaro Suffner

Aktuelle Aufführungen

Aloha, Liebe

DIE BLUME VON HAWAII
(Paul Abraham)

Besuch am
30. Dezember 2021
(Premiere am 19. Dezember 2021)

 

Komische Oper Berlin

Seit 2013 widmet Intendant Barrie Kosky die letzte Inszenierung des Jahres einem Werk von Paul Abraham. In diesem Jahr ist es Die Blume von Hawaii, die 1931 dem Komponisten zur endgültigen Anerkennung als Meister im Operettenfach verhalf. Nach der Uraufführung in Leipzig, begann diese Jazz-Operette ihren Siegeszug, nicht nur in Deutschland. Abraham baute viele musikalische Elemente des neuen Genres Jazz mit ein, ebenso auch indigene hawaiianische Instrumente wie Banjo und Hawaii-Gitarre, bekannt durch den ausgeprägt singenden Ton.

Es geht – wie kann es anders sein – um Liebe. Und zwar nicht nur um ein Liebespaar, sondern gleich um drei. Ende des 19. Jahrhunderts war Hawaii noch ein eigenständiges Königreich, obgleich es schon sehr starke amerikanische wirtschaftliche Interessenvertretungen gab, insbesondere in der Landwirtschaft. Diese Tatsachen inspirierten Paul Abraham und seine Librettisten Emnmerich Földes, Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda, eine aberwitzige Komödie zu erfinden: Die aus dem mondänen Frankreich heimgekehrte Prinzessin Laya will ihren schon als Kind zugesprochenen Prinzen Lilo-Taro aufsuchen, ihn heiraten und dementsprechend das Königreich sichern. Aber auf der Überfahrt hat es ihr der Schiffskapitän Reginald Stone angetan. Der wiederum wird von der Nichte des amerikanischen Gouverneurs, Bessy Worthington, bewundert, zur Verzweiflung des Sekretärs des Gouverneurs, John Buffy. Ebenso auf dem Schiff nach Hawaii befindet sich der Jazz-Entertainer Joker Jim, der sich selbstverständlich auch romantisch involviert, zum Beispiel mit der jungen Raka, die ihm nicht abgeneigt ist. Nach etwa 90 vergnüglichen Minuten voller Song und Swing steht einem Happy End nichts mehr im Wege.

Um die ganzen Wirrungen und Irrungen ins rechte Licht zu rücken, braucht es eine Conférencieuse, hier mit Schmiss und Elan von Andreja Schneider dargestellt. Im eleganten Frack und Zylinder braucht auch sie Spickzettel, um die diversen Persönlichkeiten und deren Motive auseinander zu halten.

In der semi-konzertanten Aufführung in der bühnenpraktischen Rekonstruktion – so die Bezeichnung auf dem Besetzungszettel – von Matthias Grimminger und Henning Hagedorn, haben die Sänger an der Rampe des überbauten Grabens genügend Platz, um schnelle und langsame Foxtrotts und andere Tänze der Jazz-Ära zu drehen, in der choreografischen Mitarbeit von Mariana Souza.

Foto © Jaro Suffner

Ensemble-Mitglied Alma Sadé singt die Prinzessin Laya mit Anmut und melodiösem Sopran. Tenor Tansel Akzeybek gibt einen melancholischen, pflichtbewussten Prinzen Lilo-Taro mit würdevollem, schönem Timbre. Sopran Mirka Wagner ist eine freche Bessie Worthington, die sich holt, was sie will. Tenor Johannes Dunz spielt Kapitän Stone mit blassem Pflichtbewusstsein. Als Sekretär John Buffy sticht der klare Tenor von Julian Habermann hervor.

Als vokaler und tänzerischer Wirbelwind, voller genauer musikalischer Energie ist Jörn-Felix Alt als Joker Jim zu bezeichnen. Er gibt dem zwielichtigen Charakter eine eigene, charmante Persönlichkeit, die das Publikum mit seinem Schwung mitreißt.

Das fünfköpfige Lindenquintett Berlin ist Chor und Kommentator zugleich: mal als Empfangskomitee, mal als Kellner oder Matrosen, immer engagiert und präsent, auch wenn sie nur auf ihren Auftritt auf der Bühne warten.

Der als Musical- und Operettenexperte bekannte Dirigent Koen Schoots leitet das Orchester der Komischen Oper von seinem Podium hinter den Solisten auf der Bühne. Man merkt, wie das Orchester über die Jahre die besondere Musikalität, die eine Operette ausmacht, entdeckt und lieben gelernt hat.

Barrie Kosky hat sich wie kein anderer in Berlin für die Renaissance des Operetten-Genres während seiner Intendanz eingesetzt. Ganze zwanzig Werke hat er auf die Bühne der Komischen Oper gebracht – mit großem Erfolg. Das Berliner Publikum der heutigen Generation wurde sich der bedeutenden Tradition bewusst, die in den 1920-ern in der eigenen Stadt herangewachsen ist. Es ist zu hoffen, dass diese Tradition einen festen Platz im Haus an der Behrensstrasse gefunden hat und weitergeführt wird. Das Publikum wird es ihm sicherlich danken.

Zenaida des Aubris