O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Thomas Rath, Jana Schröder, Bernd Bleffert, Oded Geizhals und Einat Aronstein (v.l.n.r.) - Foto © O-Ton

Opening 23

Kleiner Paukenschlag

ERÖFFNUNG
(Diverse Künstler)

Besuch am
3. Februar 2023
(Einmalige Veranstaltung)

 

Opening 23, TUFA, Saal im 2. Obergeschoss

Das 23. internationale Festival für aktuelle Klangkunst beginnt. Wie in jedem Jahr steht die TUFA im Zentrum von Opening. Vor mehr als 30 Jahren wurde in der ehemaligen Tuchfabrik Weber nach umfangreichen Sanierungsarbeiten ein „Kultur- und Kommunikationszentrum“ von der Stadt Trier gegründet. Seit 2011 führen Bernd Bleffert und Thomas Rath hier im Auftrag der Stadt das Festival Opening durch. Die Stadt leistet sich damit einen bewussten Gegenpol zu ihrem Ruf als alte Römer- und Museumsstadt. Die beiden künstlerischen Leiter haben ihr Festival längst aus den Mauern der TUFA hinausgetragen, aber davon später mehr.

Zunächst findet am Freitagabend traditionell eine Eröffnungsveranstaltung statt. Interessant ist daran nicht der Auftritt von Landes- und Kommunalpolitikern, die neben Bonmots auch gleich die Gelegenheit nutzen, das Publikum mit ihren sprachlichen Versuchen zu langweilen, die Gesellschaft in Geschlechter zu teilen und zu diskriminieren, indem sie fleißig von der so genannten Gendersprache Gebrauch machen. Sondern diese Veranstaltung fällt traditionell im zweiten Obergeschoss des historischen Gebäudes mit der Eröffnung einer Klangkunstausstellung zusammen, bei der Rath die daran beteiligten Künstler vorstellt. Bevor es in diesem Jahr zu einer unerwartet vergnüglichen Interview-Runde kommt, hält Jana Schröder, neue Geschäftsführerin und Leiterin der TUFA, einen kleinen Paukenschlag bereit, der in ihrem überbordenden Gegendere beinahe untergeht. Die Leitung des Festivals werde im kommenden Jahr erweitert.

Wolfgang Schliemann – Foto © O-Ton

Nein, das klingt erst mal gar nicht gut. Man erweitert eine über so viele Jahre erfolgreiche Festivalleitung nicht einfach mal so. Erst später wird Bleffert Gelegenheit finden, die Hintergründe aufzuklären. Es war nie ein Geheimnis, dass Bleffert die Antriebsfeder des Leitungsgespanns ist. Deshalb habe Rath ihn gebeten, ihn aus der Leitungsfunktion zu entlassen, um seiner eigentlichen Stärke, der Dramaturgie des Festivals nachzukommen. Er wird also dem Festival in mitarbeitender Funktion erhalten bleiben. Bleffert fragte daraufhin die Sopranistin Einat Aronstein, die derzeit am Theater Trier engagiert ist, und den Perkussionisten Oded Geizhals, beide kennen das Festival, weil sie bereits daran teilgenommen haben, ob sie bereit seien, sich in die Festivalleitung einzubringen. Bleffert versichert, dass er selbst die Leitungsfunktion noch auf Jahre wahrnehmen wolle und das Engagement der jungen Künstler nicht im Sinne einer Nachfolgeregelung zu verstehen sei. Aber er begrüßt auch die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten, die ihr fachliches Wissen zugunsten des Festivals einsetzen können. Der Stadt Trier als Auftraggeberin des Festivals wird es Recht sein, bringt es doch mehr Diversität in die Leitung. Ein ungutes Gefühl bleibt. Ohne jemanden über den grünen Klee loben zu wollen, ist es Bleffert und Rath in den vergangenen zwölf Jahren gelungen, das Festival nicht nur in der TUFA zu implementieren, sondern auch in die Stadt hineingetragen zu haben, wie die verschiedenen Spielstätten zeigen.

Drei Wochen lang findet parallel zum Opening eine Klangkunstausstellung in einem Saal im zweiten Obergeschoss der TUFA statt. Mit Chambres Musicales setzt Pierre Bethel eine Sammlung klingender Stühle, auf denen die Besucher Platz nehmen können. Dass die Bodenskulptur Waldwelle von Günter Graf begehbar ist, muss sich erst noch herumsprechen. An diesem Abend gehen die Besucher sehr achtungsvoll darum herum. Mehr Geräusche erreicht man, wenn man sich der Installation White Cube – White Noise von Wolfgang Schliemann ausreichend nähert, ja, sie betritt. Rie Nakajima schließlich arbeitet mit Alltagsgegenständen, die sie dieses Mal mit Zara Zara zu feinsinnigen Klangereignissen komponiert. Alle vier Künstler zeigen keine große Begeisterung, etwas zu ihren Klangobjekten zu erzählen lassen Rath bei seinen Versuchen, sie im Interview zu inspirieren, ziemlich auflaufen. Ob das so die wahre Form der Höflichkeit ist, sei dahingestellt. Immerhin sorgen sie so beim Publikum für Heiterkeit.

Und das ist ja nicht die schlechteste Ausgangsbasis für das bevorstehende Festival, dessen erstes Konzert sich gleich an die Eröffnung anschließt und tatsächlich nicht das letzte dieses Abends bleibt. Die gute Nachricht gleich vorweg: Nach Schätzung des Organisationsteams wird Opening 23 das bislang besucherstärkste Festival sein. Na, dann kann es ja losgehen.

Michael S. Zerban