O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Bülent Kirschbaum

Klangvokal Musikfestival Dortmund

Gloria und Adonai

ERÖFFNUNGSKONZERT
(Diverse Interpreten)

Besuch am
11. Mai 2018
(Einmalige Aufführung)

 

Konzerthaus Dortmund

In den zehn Jahren seines Bestehens hat sich das Dortmunder Klangvokal-Festival nicht nur zu einem der größten innerstädtischen Chorfeste Deutschlands entwickeln können, sondern auch zu einem der abwechslungsreichsten und qualitativ besten. Wenn Dortmund jetzt seine Kirchen, Kulturzentren, Zechen und nicht zuletzt das schmucke Konzerthaus bis zum 10. Juni für diesen Konzertreigen öffnet, wird sowohl Breitenwirkung angestrebt als auch eine akribische Suche nach verborgenen Schätzen der Musikliteratur auf professionellem Niveau. Seinen quantitativen Höhepunkt erfährt das Fest am 2. Juni in der gesamten Innenstadt mit dem 10. Fest der Chöre, zu dem 150 Chöre und 50.000 Besucher erwartet werden.

Den Löwenanteil des von Torsten Mosgraber akribisch und fantasievoll zusammengestellten Programms bestimmen jedoch professionell besetzte Konzerte mit vergessenen Rosinen des Repertoires, ungewöhnlichen Programmzusammenstellungen und einem wachen Blick für grenzüberschreitende Projekte von Klassik bis Jazz. In diesem Jahr stehen etwa eine Aufführung der frühen Verdi-Oper Giovanna d’Arco und die „Weltpremiere“ einer rekonstruierten Fassung von Claudio Monteverdis L’Arianna, einer verschollenen „Tragedia in Musica“, an. Die britischen Tallis Scholars sorgen für lupenreine Renaissance-Gesänge, indische Musik ist ebenso vertreten wie ganz alte Klänge im Fahrwasser Hildegard von Bingens und diverse Crossover-Projekte.

POINTS OF HONOR

Dirigent
Orchester
Solisten
Chor
Programm
Chat-Faktor

Mit dem Eröffnungskonzert im voll besetzten Dortmunder Konzerthaus verbinden die Organisatoren zugleich eine weit über reine musikalische Aspekte hinausgehende Intention. Mit Werken des Letten Pēteris Vasks, des Franzosen Francis Poulenc und des Amerikaners Leonard Bernstein erhielt das Programm einen globalen Anstrich. Vasks stille Friedenshymne The Fruit of Silence auf einen Text von Mutter Teresa, Poulencs christliches Gloria und Leonard Bernsteins jüdische Bekenntnisse in seiner 1. Symphonie und den Chichester Psalms richten den Blick auf die Hoffnung eines dauerhaften Friedens zwischen allen Glaubensgemeinschaften.

Foto © Bülent Kirschbaum

Es spricht für die Seriosität des Festivals, dass bereits in der Eröffnung auf turbulent-plakative Jubel-Chöre verzichtet wird. Alle Werke des Abends, auch wenn sie so brillant instrumentiert sein mögen wie Poulencs Gloria oder streckenweise so viel Vitalität ausstrahlen wie Bernsteins geistliche Musiken, zeigen sich eher introvertiert und nachdenklich ausgerichtet. Am ausgeprägtesten in Bernsteins düsterer, 1942 entstandener 1. Symphonie, die mit einem von der Mezzosopranistin Christa Mayer eindringlich gestalteten Klagegesang des Propheten Jeremias angesichts der Zerstörung Jerusalems endet.

Auf dem Podium versammeln sich neben dem WDR-Funkhausorchester Köln, einem seit der Gründung treuen Begleiter des Festivals, erstmals gemeinsam der Kammerchor der Technischen Universität Dortmund und Mitglieder des Philharmonischen Chores Essen, die in allen Stücken mit vorzüglichen chorischen Qualitäten überzeugen können. Sowohl in Hinsicht auf klangliche Transparenz, ausreichendes Volumen, Wortverständlichkeit und stilistisches Feingefühl.

Der Sopran-Part in Poulencs Gloria ist bei der leuchtenden Stimme von Elena Gorshunova bestens aufgehoben und in den Chichester Psalms glänzt Ben Walz als Solist des Knabenchores der Chorakademie Dortmund. Wayne Marshall, Chefdirigent des WDR-Funkhausorchesters, hat die Fäden fest im Griff, wobei der anspruchsvollen orchestralen Begleitung mitunter die letzte Prise an klanglicher Brillanz fehlt.

Freundlicher bis begeisterter Beifall für einen festlichen Auftakt mit nachdenklichen Akzenten.

Pedro Obiera