O-Ton

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Album

Klare und virtuose Klänge der Bratsche

Drei Alben mit Klavierbegleitung hat Christian Euler schon aufgenommen. Nun hat er sich entschlossen, ein viertes mit der Viola solo herauszubringen. Es wurde ein Album für ausgesprochene Spezialisten, für Liebhaber dieses Instrumentes. Aber etwaigen Skeptikern, die sich vielleicht vor allzu viel Gleichförmigkeit fürchten, sei gesagt, das Ergebnis kann sich hören lassen: Denn einerseits weiß Euler mit sehr nuancenreichem, ungemein farbigem Spiel und höchster Virtuosität aufzutrumpfen, mit Werken, gespickt mit diffizilsten Doppelgriffen und mit Arpeggien über alle Saiten. Andererseits sind seine Interpretationen sehr tiefschürfend und berührend.

All das kann man im insbesondere beim Hauptgegenstand seiner vierten MDG-Produktion, nämlich bei den drei Suiten op. 131d von Max Reger erlauschen. Er hat hier die Sehnsucht des Komponisten nach Einfachheit und nach dem „alten Stil“, der sich immer wieder an Johann Sebastian Bach orientiert, ideal getroffen und die Suiten mit samtig-gesättigten Farben seines prächtigen Instrumentes beinahe orchestral klingend musiziert. Zwei Repertoirestücke und eine Entdeckung, dazwischen gespielt, ergänzen diese Trilogie. Von Paul Hindemith, dem Christian Euler bereits sein voriges Album gewidmet hatte, erklingt die ausgewachsene Solosonate aus 1937. Hindemiths Bratschenspiel ist auf allerhöchstem Niveau und wird von Euler mit Bravour bewältigt. Ganz aus dem Geiste des Barocks kann man dann die Passacaglia des nahezu unbekannten, schweizerischen Geigers Alfred Pochon, der von 1878 bis 1959 lebte, erlauschen. Es ist eine Musik, die sich unverkennbar auf die berühmte Bachsche Chaconne in d- Moll bezieht und vom Stil viel traditioneller ist als jene von Reger. Es ist ein Stück, das aus der Zeit gefallen scheint, auf hohem künstlerischem Niveau. Und schließlich erklingt zum Schluss Igor Strawinskis zarte Elegie aus 1944. Hier wird Christian Euler diesem stillen, dreiteiligen, streng zweistimmigen Epilog voll gerecht.

Der in Kassel geborene Christian Euler studierte in Köln und an der renommierten Juilliard School in New York. Nach einem Jahr bei den New Yorker Philharmonikern war er von 1984 bis 1991 Bratschist im Philadelphia Orchestra, wo er unter Pultgrößen wie Leonard Bernstein, Riccardo Muti, Zubin Metha, Wolfgang Sawallisch, Erich Leinsdorf, Raffael Kubelik, Klaus Tennstedt spielte. Neben Solokonzerten in Europa und Amerika tritt er immer wieder in Kammermusikensembles auf. Im Jahr 1991 erhielt er eine Professur an der Grazer Universität für Musik und darstellende Kunst, wo er die Leitung der Streicherabteilung innehat.  Zudem gibt er zahlreiche Meisterkurse in mehreren Ländern Europas.

Reich an Hintergrundinformationen zu den einzelnen Werken ist das Booklet der CD, exzellent ist der Ton der Aufnahme.

Helmut Christian Mayer