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Die Leitidee des Jazz-Festivals Hömma in Oberhausen, das in diesem Jahr vom 18. bis zum 20. Oktober stattfindet, ist „maximale Vielfalt“ – das betrifft vor allem die Musik, die weit über den Jazz-Begriff hinausgeht. In der personellen Besetzung soll der Fokus verstärkt auf Frauen gelegt werden. Ein Gedanke, der nicht ganz neu ist, also eigentlich gibt es ihn so lange, wie es Bühnen gibt. Neu ist, dass man das als Gleichberechtigung bezeichnet.
1895 wurde die Badeanstalt am Neumarkt in Oberhausen nach den Plänen des Stadtbaumeisters Albert Regelmann als erste Volksbadeanstalt der Stadt fertiggestellt. Damals eine hygienische Notwendigkeit, da die meisten Wohnungen nicht über eigene Bäder verfügten.1947 wurde das Bad in Stadtbad am Ebertplatz, später in Ebertbad umbenannt. Seit 1989 wird es als Veranstaltungshaus genutzt, nachdem es nach Plänen des Architekten Werner Ruhnau umgebaut worden war. Hier findet am 18. Oktober das Eröffnungskonzert zum Oberhausener Jazz-Festival Hömma statt. Spätestens seit Tegtmeier wissen auch Menschen, die nicht im Ruhrgebiet leben, dass Hömma für „hör mal zu“ steht.
Geht es nach dem Willen des Festival-Organisators Uwe Muth, soll sich das Zuhören in diesem Jahr besonders lohnen. In einer Statistik aus der Zeit, als Monika Grütters noch Staatsministerin für Kultur und Medien war, entdeckte er, dass Frauen im Jazz mit um die 20 Prozent deutlich unterrepräsentiert sind. Das soll sich heuer kräftig ändern. Muth machte sich also auf die Suche nach Posaunistinnen, Schlagzeugerinnen und Pianistinnen. Das Resultat: Alle sechs Konzerte des diesjährigen Festivals sind weiblich geprägt. Eine solche Form der Gleichberechtigung bereitet auch dem Festivalleiter Spaß. Schließlich wird das Fest so nicht nur optisch aufgewertet, sondern kann auch leicht neue Zielgruppen erschließen. Dass das ganz gut funktioniert, konnten die Festivalmacher im letzten Jahr schon feststellen, als die Schlagzeugerin Lisa Wilhelm mit ihrem Quartett auftrat.
Im Ebertbad wird Afra Kane das Festival eröffnen. Für die klassische Pianistin, Liedermacherin, Komponistin und Produzentin ist die Komposition das Mittel, „Emotionen und Reflexionen zu analysieren und in Kunst umzuwandeln“. Vor zwei Jahren veröffentlichte sie ihr Debütalbum Hypersensitive, mit dem sie, Christophe Farin, Emilio Vidal und Noah Weber seither weltweit touren. Der Westdeutsche Rundfunk beschreibt sie als „eine stilistische Grenzgängerin, die vermeintliche Gegensätze spielerisch leicht überwindet – und mit ihrer Stimme auf elegante Weise Jazz, Soul und Gospel miteinander verschmilzt“.
Am Samstag wartet das Festival mit gleich drei Konzerten auf. Den Anfang macht das Antonia Hausmann Duo im Aka 103 der Ruhrwerkstatt. Posaunistin Antonia Hausmann und Vibrafonist Volker Heuken kommen aus Leipzig. Ihre Freude am Experiment ließen eigene Kompositionen und sehr eigene Interpretationen bekannter Stücke entstehen. Gegen diese Instrumentenkombination wirkt das Clara-Vetter-Trio schon fast konventionell. In der Christuskirche treten die Pianistin Clara Vetter, Bassist Mario Angelov und Schlagzeuger Lucas Klein auf. Und ihr Programm Fabulae, in dem Sternbilder Berührungspunkte auf der Klaviatur ergeben, die im Kontext griechischer Mythologie musikalisch weiterentwickelt werden, klingt alles andere als konservativ. Am späten Abend treten Minerva Díaz Pérez und Peter Engelhardt im Leerstand am Hauptbahnhof Oberhausen auf. Lied- und Jazz-Interpretationen gehen bei der Sängerin und dem Gitarristen Hand in Hand.
Am Sonntagabend findet das Festival seinen Abschluss im Theater Oberhausen. „Wunderschöner, handgemachter Gitarrenpop und Jazz, sparsam instrumentierte Arrangements und Gesang, die einen mit zumeist deutschen Texten auf die Reise schicken“: Das ist die Sängerin Manukai, die am Keyboard steht, von Markus Kaiser an der Gitarre und Günter Denkler an Saxofon und Gitarre begleitet wird. Nach den sanften Klängen von Manukai erwartet die Besucher noch „ein wahres Naturereignis“. So zumindest beschreibt Michaela Pelz von der Süddeutschen Zeitung die Band Siea, die mit acht Damen und einem Herrn antritt. Mit Synthesizer, Posaune, Altsaxofon, Schlagzeug, Gitarre und Bass lässt sich zum Gesang ein vortrefflicher Big-Band-Klang entwerfen. Dass die Gruppe mit Carlotta Dering jemanden beschäftigt, der sich eigens um Kostüme und das „Performancekonzept“ kümmert, klingt vielversprechend.
„Maximale Vielfalt“ hat sich Organisator Uwe Muth auf die Fahnen geschrieben, und das Programm klingt danach, als seien hier Wünsche in Erfüllung gegangen.