O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Schloss Nymphenburg - Foto © N. N.

Hintergründe

Konzert der Kulturen

Am 7. und 8. Februar findet im Hubertussaal des Schlosses Nymphenburg in München das Konzert Sehnsucht.Musik.Ankunft. statt. Der Verein Zukunft Kultur hat in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forum für Musik- und Theaterkultur und Studenten der Ludwig-Maximilian-Universität ein Programm aus klassischen wie populären westlichen und östlichen Titeln zusammengestellt. O-Ton hat vorab die Proben besucht.

Cornelia Lanz, Pouya Raufyan und Walaa Kananeh – Foto © privat

Fatima, Mohamed, Taris, Ebrus und weitere acht bis zehn Kinder tummeln sich im Probenraum in einem Münchner Flüchtlingsheim. Viele Nationalitäten treffen in dem kleinen Raum zusammen. Irak, Afghanistan, Nigeria, Syrien und Eritrea, jedes der zwischen drei und zwölf Jahre alten Kinder hat seine eigene Geschichte, aber hier zählt die gemeinsame im Jetzt und der Zukunft. Aufgeweckt, unruhig zappeln sie auf den Holzstühlen, kämpfen spielerisch um die Plätze, zwischendurch wechselt ein Handy den Besitzer, bis es von der Chorleiterin konfisziert wird. Gemeinsames Musizieren steht an. Wöchentlich zweimal trifft sich die bunte Mischung der Kulturen. Sie erarbeiten Lieder aus den verschiedenen Kulturkreisen, deutsche Lieder stehen aber ganz oben auf der Wunschliste der Kinder.  Der Bezug zur neuen Heimat ist fühl- und hörbar. Die deutsche Sprache wird von allen bestens beherrscht und auch im Austausch untereinander genutzt. Langsam kehrt Ruhe ein, und die Aufmerksamkeit steigt.

Cornelia Lanz, die junge deutsche Mezzosopranistin mit internationalem Ruf, engagiert sich seit Jahren tatkräftig für die Integration von Flüchtlingen und rief den Verein Zukunft Kultur mit ins Leben. Sie ist heute Gast und Chorleiterin, um einen Auftritt der Kinder bei dem anstehenden Konzert unter dem Titel Sehnsucht.Musik.Ankunft in Schloss Nymphenburg vorzubereiten. Zuerst gibt es ein paar Übungen zum Aufwärmen, ganz wie die Profis. Es wird gestreckt und gedehnt, der Körper abgeklopft, lautstark auf die Brust getrommelt. So entspannt, wird mit ersten Stimmübungen für Vokale und Konsonanten gestartet. Mit kindlicher Begeisterung und Hang zum Überdrehen machen alle begeistert mit. Ein paar Kostproben aus dem bestehenden Repertoire lassen aufhorchen und junge Talente entdecken. Manche haben schon Bühnenerfahrung durch einen Auftritt in Georges Bizets Carmen, die der Verein Zukunft Kultur schon früher in München aufgeführt hat. Der französische Text sitzt noch sicher und wird gleich zum Besten gegeben.

In der neuen Heimat angekommen

Auch Guten Abend, gut Nacht haben die Kinder bereits gelernt und dieses Lied steht auch im Mittelpunkt der Probe unter Lanz. Für das Konzert ist dieses Lied mit zwei deutschen Strophen und einer speziell übersetzten arabischen gedacht. Verdutzt und schallend lachend hören die Kinder die Übersetzung und fehlerhafte Aussprache. Gemeinsam wird daran gefeilt, und der Zuhörer ist beeindruckt, wie schnell die Texte ohne Noten oder sonstige Hilfe verinnerlicht werden. Die Zeit verrinnt und der fortgeschrittene Tag zeigt die Konzentrationsschwäche. Die Kinder wünschen sich jetzt eine Kostprobe der professionellen Sängerin. Mit der Arie Arabien, mein Heimatland aus Carl Maria von Webers Oberon reißt sie die Kleinen zu einem begeisterten Applaus hin. Während die Jungs beginnen, im Raum herumzuspielen, geben die Mädels noch eine rockige Tanz- und Gesangseinlage. Die fröhliche Stimmung steckt an, und es ist wohltuend, die Unbekümmertheit und Frische in den Augen und dem Verhalten der Kinder zu spüren. Sie sind angekommen in der neuen Heimat und finden über die Musik, das Singen spielerisch Zugang zu ihr und neuen Freundschaften.

Ein wunderbarer Beweis, welche Brücke Kultur und vor allem Musik bauen kann, um diese Menschen den Verlust der Heimat überwinden zu lassen und die Sehnsucht nach einer neuen mit Leben und Erfolg erfüllt.  Eine wunderbare Belohnung für das Engagement der zahlreichen freiwilligen Helfer, die die verschiedenen Integrationsprojekte unterstützen. Und wir dürfen nicht vergessen, auch die Kultur der Neuankommenden wird ein Bestandteil unserer Kultur werden. Darauf können wir uns freuen.

Helmut Pitsch