O-Ton

Kulturmagazin mit Charakter

Nachruf

Abschied von Christoph Zimmermann

Im Alter von 76 Jahren ist der Kritiker Christoph Zimmermann in Köln gestorben. Ein persönlicher Nachruf von Michael S. Zerban

Das ist also der gefürchtete Zerban. Muss ich jetzt Angst haben?“ Nein, musste er nicht. Hatte er auch nicht an dem Abend im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, als wir uns persönlich kennenlernten. Vom Sehen kannten wir uns natürlich schon viel länger – wie das so oft in Journalistenkreisen ist. Er war derjenige, der sich in den Pausen bei Opernaufführungen gern etwas abseits hielt, stets in Sandalen und Socken auftrat und versuchte, möglichst abweisend zu wirken, um den üblichen Pausengesprächen unter Kritikern zu entgehen. Eitelkeit war seine Sache nicht. Wenn wir uns künftig trafen, suchte er stets das persönliche Gespräch – und die Flucht. Denn einerseits machte uns der Austausch über die besuchte Aufführung beiden Spaß, andererseits floh er den Rauch der Zigarette. Den mochte er genauso wenig wie unschlüssig inszenierte Aufführungen. Wer mit ihm ins Gespräch kam, lernte einen charmanten, eloquenten, mitunter humorvollen Mann mit Haltung kennen. Und einen beeindruckenden Fleiß.

Zimmermann wurde 1943 im schlesischen Neurode geboren, wuchs im Siegerland auf. In seiner Jugend erhielt er eine erste Ausbildung im Cello- und Klavierspiel. Nach dem Abitur ging er zur Bundeswehr, arbeitete dort im Stabsmusikkorps in Siegburg an Cello und Schlagzeug. Anschließend studierte er Musik- und Theaterwissenschaft sowie Germanistik an der Kölner Universität. Als Musikdokumentar arbeitete er bis Dezember 2009 im Schallarchiv des Westdeutschen Rundfunks mit Schwerpunkt Sinfonik, Oper, Operette, historische Aufnahmen. Einige Jahre war er zudem als Rundfunkautor aktiv. Seit 2004 war er Juror beim Preis der deutschen Schallplattenkritik. Nach seiner Pensionierung arbeitete er als Kritiker, bevorzugt für Online-Medien wie den Opernfreund oder den Neuen Merker.

Kaum ein Tag verging, an dem es nicht eine Besprechung von Christoph Zimmermann zu einem Konzert oder einer Opernaufführung gab. Immer ging es dabei lustvoll, analytisch und fair zu. Respekt gegenüber den Künstlern war ihm dabei so selbstverständlich wie die kritische Haltung gegenüber der künstlerischen Leistung.

In der vergangenen Woche wurde Zimmermann tot in seiner Kölner Wohnung aufgefunden. Wir verlieren mit ihm eine wichtige Stimme im nordrhein-westfälischen Kulturbetrieb. Und wir nehmen Abschied von einem Kollegen, der sein Licht zu oft unter den Scheffel stellte.

Michael S. Zerban