O-Ton

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Aktuelle Aufführungen

Unglaubliche Energie

ROMAN BABIK URBAN WEDDING BAND
(Roman Babik)

Besuch am
22. Juni 2024
(Einmalige Aufführung)

 

Loch, Wuppertal

Der in Wuppertal beheimatete Jazzpianist Roman Babik hat über die Stadtgrenze hinaus in der Jazzszene einen ausgezeichneten Ruf. 1981 in der benachbarten oberbergischen Stadt Remscheid geboren und an der Folkwang-Universität der Künste in Essen ausgebildet und außerdem anschließend bei Bernard Maury am Conservatoire Nadia et Lili Boulanger in Paris in die Lehre gegangen, hat er inzwischen mit einigen namhaften Formationen zusammengearbeitet. Auftritte bei dem Den Haag Jazz Festival, dem North Sea Festival und einige Solo-Auftritte bei dem Montreux Jazz Festival zeugen von seinem hohen pianistischen wie musikalischen Niveau. Vor mehr als zehn Jahren rief er das Jazzquartett Urban Wedding Band ins Leben. Mitglieder sind drei ebenfalls hochkarätige Musiker. Der in Russland geborene Altsaxofonist und Klarinettist Dimitrij Markitantov ist auf vielen Konzerten und Festivals in Europa unterwegs. Martin Gjakonovski aus Mazedonien gilt als einer der bedeutendsten Jazzbassisten Europas. Ellenlang ist die Liste an Musikern wie beispielsweise Chico Freeman, Jasper van’t Hof und Tony Lakatos, mit denen er bisher zusammen spielte. René Creemers aus den Niederlanden war als Rock-Pop-Schlagzeuger in vielen Bands tätig und gilt als „absoluter Könner seines Fachs“.

An diesem Abend gesellen sich drei weitere renommierte Jazzer hinzu. Ognen „Neni“ Gjakonovski ist als brillanter Posaunist in vieler Munde. Ryan Carniaux aus den Vereinigten Staaten tourte unter anderem mit der Big Band von Peter Herbolzheimer und ist inzwischen Professor für Jazz-Trompete an der Folkwang-Universität. Last but not least spielt Paul Heller mit, Tenorsaxofonist der WDR Bigband und Partner von zig berühmten Musikern.

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Das erstklassige Septett sorgt im ausverkauften Loch für einen umjubelten Saisonausklang des soziokulturellen Zentrums im Herzen des Stadtteils Elberfeld, der mit Fug und Recht als ein Höhepunkt im städtischen Jazzleben der laufenden Spielzeit bezeichnet werden kann. Loch-Manager Maik Ollhoff kündigt im wohlweislich nicht bestuhlten Raum ein Konzert von rund 90 Minuten ohne Pause an. Man solle es sich nach Lust und Laune gut gehen lassen. Gesagt, getan. Locker geht es zu. Manche Beine bleiben nicht ruhig stehen. Zwischendurch wird draußen auf dem Balkon frische Luft geschnappt. Das Personal am Ausschank hat gut zu tun. Begeisterte Worte fallen ohne Unterlass. Anderen bleibt vor Staunen die Spucke weg. Denn was die sieben Vollblutmusiker über die Bühne bringen, hat man selten zuvor live erlebt.

Dass die sieben Musiker hochvirtuose wie höchst kreative tonale bis hin zu ganz freien Soli präsentieren, versteht sich wohl von selbst. Variables Skalenspiel geht Hand in Hand mit harmonischen wie freitonalen Rückungen des Pianisten, wirbelndem Trommel- und Beckenspiel oder wieselflinkem Bassspiel in allen Lagen. Man versteht sich bis auf einige wenige Hinweise bei perfekt gespielten vertrackten Einsätzen blind. Intensiv, dicht, hochdynamisch, mit festem Zugriff kommt das Programm daher. Ausgehend von kurzen Themenköpfen oder harmonischen Linien entwickelt sich eine Musik, die an allen Ecken und Enden rockt, jazzt, powert. Geht es hin und wieder zwischendurch etwas ruhiger zur Sache, sind solche Passagen keine zur Entspannung dienenden Ruhepole, sondern Basis einer sorgfältig angelegten Steigerung hin zu weiteren kraftvollen Höhepunkten. Kurzum: Moderner Jazz-Rock vom Feinsten ist zu genießen, rhythmisch und harmonisch wie modal komplex, mit viel Groove und treibend-pulsierenden Beats.

Die Band hat sichtlich großen Spaß an dem Auftritt. Konditionelle Probleme scheint es nicht zu geben. Man spielt ohne merkbare Ermüdungserscheinungen an einem Stück. Ist das Finale einer Nummer erreicht, geht es gleich attacca, also sofort ohne Pause, weiter – und das nicht wie angekündigt über anderthalb Stunden. Erst nach rund 115 Minuten ist Schluss mit der atemberaubenden Kurzweil, die für erhöhten Puls des hellauf begeisterten Publikums sorgt.

Hartmut Sassenhausen