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THE BEATLES IN LATIN
(The Beatles)
Besuch am
22. Juni 2023
(Einmalige Aufführung)
Der Schuppen ist voll“ heißt es salopp in der U-Musik-Szene, wenn Veranstaltungen ausverkauft sind. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn Künstler stolz auf eine große treue Fangemeinde sein können. Zusätzlicher Publikumsmagnet sind Programme mit Stücken, die seit über 60 Jahren in aller Munde sind. Beides trifft auf Götz Alsmann und unzählige Songs der Beatles zu. Obwohl die Warn-Apps auf den Handys schon den ganzen Tag eine Unwetterwarnung nach der anderen ausspucken, lässt sich also niemand davon abhalten, auf den Johannisberg in Wuppertal zu pilgern, hinein in den Großen Saal der Historischen Stadthalle. Groß ist die Vorfreude auf einen kurzweiligen, unterhaltsamen Abend. Das junge und jung gebliebene Publikum will in alten Zeiten schwelgen, als bei den Konzerten von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Star die Fans massenweise in Ohnmacht fielen. Und um es gleich vorwegzunehmen: Die Besucher sind selig.
Beatles in Latin lautet das Programm, das Alsmann extra für das Klavier-Festival Ruhr zusammengestellt hat und in diesem Rahmen präsentiert. Nur kommen die Evergreens der legendären Band nicht im Original, sondern rein instrumental und lateinamerikanisch rhythmisiert von der Bühne. Ein Sänger wird nicht vermisst, da wohl das gesamte Publikum die Texte kennt. Es sind ohne Zugaben 18 überwiegend allseits bekannte Nummern, die die Herzen erfreuen. Los geht es mit dem Cha Cha zur Melodie von Yesterday. Auch Help und She Loves You kommen im ersten Set in diesem Gewand daher. Bei Girl, I Feel Fine und Yellow Submarine ist der Bossa Nova mit dabei. Der Mambo fehlt nicht, wenn A Hard Day’s Night, I Saw Her Standing There und Cry For A Shadow erklingt. Bei I Want To Hold Your Hand wird die Samba nicht vernachlässigt. Und, und, und.
Foto © Christian Palm
Selbstverständlich hat zwischendurch Schnellsprecher Alsmann auf die ihm eigene lässige Art viel zu erzählen. Etwa ist er ganz stolz, dass er mit seiner Band wie auch die Beatles in der Friedrich-Ebert-Halle in Hamburg-Harburg aufgetreten ist. Demnach gehören seine Gruppe und die vier Pilzköpfe aus Großbritannien hinsichtlich des Renommees auf dieselbe Stufe. Er kann sich auch richtig aufregen, als er den berühmten Schwarzweiß-Kinofilm A Hard Day’s Night – auch bekannt als Yeah! Yeah! Yeah! – zur Sprache bringt. Denn die Stimme von Wolfgang Gruner als Synchronsprecher sei definitiv fehlbesetzt. Sie passe absolut nicht zu der von Paul McCartney. Er hätte lieber bei dem Kabarett Die Stachelschweine bleiben sollen. Und Alsmann weiß ganz genau über die Geschichte der Rhythmen vom Rumba bis zum Bugalú jenseits des Großen Teichs Bescheid, zählt sie nacheinander auf. Dazu tragen die Herren am Schlagwerkinstrumentarium perfekt kurze Beispiele vor.
Doch nicht nur Schlagzeuger Dominik Hahn, Perkussionist Markus Paßlick sowie Altfrid M. Sicking am Vibrafon und Marimbafon spielen erstklassig auf. Der hohen Güte steht Ingo Senst in nichts nach, sorgt er doch am Kontrabass für gediegene Bassfundamente. Dazu intoniert Alsmann, von dem die professionellen Arrangements stammen, am Konzertflügel gekonnt an den tradierten Jazz angelehnte Harmonien. Dabei werfen er und Sicking sich oft die musikalischen Spielbälle zu, gehen kunstfertig abwechselnd und im Unisono mit den Beatles-Melodien um. Hochanständig spielen die fünf Vollblutmusiker im schwarzen Anzug, weißen Hemd und mit Fliege gediegen auf. Wirkt das Spiel des Quintetts anfangs ein wenig steif, kommen die Stücke nach und nach immer lockerer, entspannter daher. Gerade nach der Pause gibt es ausgelassen viel Groove und Schwung.
Das Publikum, das die Musiker mit tosendem Beifall begrüßt, gerät während des unterhaltsamen Abends ins Schwärmen. Nicht enden wollende, stehende Ovationen sind schließlich der Dank für über zwei Stunden entspannte Kurzweil. Ein Block mit zwei Zugaben – I want to hold your Hand von den Beatles und Michael Jarys Amigo – schließt sich an. Danach ist definitiv Schluss. Also geht es zur Abkühlung hinaus ins Freie, wo es gnadenlos aus allen Kübeln schüttet.
Hartmut Sassenhausen