Kulturmagazin mit Charakter
Aktuelle Aufführungen
BACH-TAGE KÖLN 2021
(Johann Sebastian Bach)
Besuch am
1. November 2021
(Einmalige Aufführung)
Höchste Zeit für ein Bach-Fest!“ Diese These ziert das Programmbuch der neu etablierten Bach-Tage Köln 2021. Angesichts der vielen Kirchen und zahlreichen Musikgruppen aller Art, die das Musikleben der Domstadt prägen, liegt ein Festival zu Ehren des Thomaskantors nahe. Dass Bach überzeugter Lutheraner gewesen ist, spielt in der ökumenisch geprägten Rezeption des Komponisten schon lange keine Rolle mehr. Die seit 1974 in der ebenfalls katholisch ausgerichteten Nachbarstadt Aachen veranstalteten Aachener Bachtage gehören immerhin zu den beliebtesten und erfolgreichsten Musikangeboten der Stadt.
Christoph Spering, der versierte Gründer und Leiter der Mülheimer Kantorei, des Chorus Musicus Köln und des Neuen Orchesters, stellte zehn Programme zusammen, die an vier Tagen dicht gedrängt in der Philharmonie und verschiedenen Kirchen präsentiert wurden. Die einzige Konzession an die Umstände der Pandemie bestand in den relativ kurzen, ohne Pause ausführbaren Aufführungsdauern der Konzerte. Ansonsten waren von intimer Kammermusik bis zum Chorkonzert wenn auch nicht alle, aber viele Gattungen vertreten. Wobei Spering den Blick nicht nur auf weniger bekannte Werke richtete, sondern auch auf vernachlässigte Aspekte. So zum Beispiel auf die Frage, welche Rolle die Orgel als Continuo-Instrument für den brillanten Organisten Bach gespielt haben könnte, und was ein Cembalo in der Thomaskirche zu suchen hatte?
Foto © Musikforum
Überhaupt spielte das Instrumentarium eine zentrale Rolle bei den Kölner Bach-Tagen. So im intimen Abschlusskonzert in der Köln-Mülheimer Friedenskirche mit dem Geiger Sergey Malov, der für sein Programm mit der Ersten Cello-Sonate, der großen Geigen-Partita in d-Moll sowie zwischen den Sätzen eingelagerten Improvisationen neben der Violine eine Elektrogeige und eine Viola da spalla nutzte. Eine überdimensional große Viola, die um den Hals gegurtet wird und auch unter dem Namen Violoncello piccolo durch die Literatur geistert.
Ein solches Instrument bereichert auch das Festkonzert am Schlusstag in der Kölner Philharmonie, in dem Spering drei Kantaten vorstellte, die als Choralkantaten bezeichnet werden können. Kantaten auf der Basis protestantischer Choräle wie Herr Gott, dich loben alle wir BWV 130, Schmücke dich, o liebe Seele BWV 180 und Was Gott tut, das ist wohlgetan BWV 100. Drei Kantaten zu unterschiedlichen Anlässen aus dem zweiten Leipziger Kantatenjahrgang in kontrastreicher Gemütslage und Besetzung. Der Kantate Herr Gott dich loben wir verleihen drei Trompeten einen besonders festlichen, fast weihnachtlichen Glanz. Wobei Spering im Eingangschor ein Tempo anschlägt, das in seiner Rasanz selbst seine natürlich bestens vorbereiteten Chöre und das Neue Orchester stark fordert. Zum Glück beruhigt sich Spering im Laufe des Vormittagskonzerts, so dass die Interpretationen trotz ihres durchweg frischen Vorwärtsdrangs nicht zuletzt durch Sperings sorgfältige Phrasierung überzeugen können.
Eine gedämpftere Stimmung, nicht zuletzt durch die differenziert besetzte Holzbläsergruppe mit einer dunkel gestimmten Barock-Oboe und einer Art Krummhorn, verbreitet die Kantate Schmücke dich, o liebe Seele, bevor im mit zwei Hörnern angereicherten Schlussstück wieder festlichere Töne angestimmt werden. Interessant, dass in dieser Kantate der Choraltext Was Gott tut, das ist wohlgetan die Grundlage für alle sechs Teile bildet, darunter zwei Chorsätze und gleich vier Arien, für die Spering prominente Kräfte wie Sopranistin Hannah Morrison, Altistin Elvira Bill, die Tenöre Daniel Behle und Georg Poplutz sowie die Bassisten Tobias Berndt und Daniel Ochoa zur Verfügung stehen.
Das kleine, aber feine Festival wurde vom Publikum gut angenommen und könnte sich, nicht zuletzt durch den engagierten Einsatz von Christoph Spering, zu einem dauerhaften Bestandteil des Kölner Musiklebens entwickeln.
Pedro Obiera